Bikepacking Harz – von Halle auf den Brocken

Das Harzer Team fürs Bikepacking Harz

Ein Wochenende Zeit und keine Lust auf Großstadt – nichts wie raus! Nach dem Rennsteig und einer MTB-Tour durch das Märkische Oderland sollte es nun erneut mit dem Rad hoch hinausgehen. Bikepacking Harz hieß das Motto und so wurden zwei Räder beladen, um von Halle an der Saale aus, den Brocken zu erklimmen. Ab geht die wilde Luzi!


Unsere Route

Viele Routen führen auf den Brocken – und auch wieder hinunter. Mit dem inzwischen sehr gut angebundenen Hallenser Bahnhof ist jedoch schnell ein passender Ausgangspunkt gefunden. Vom Brocken hinunter lohnen sich ebenso mehrere Stationen wie Wernigerode oder Ilsenburg. Schlussendlich fällt die Wahl für die Rückreise nach Berlin auf den HarzBerlinExpress vom Privatunternehmen Abellio. Unkomplizierterweise kauft man das supergünstige Ticket – inklusive Fahrradkarte – nicht vorab, sondern erst im Zug selbst, wie sich nach einem Telefonat mit Abellio klärte.

Nun muss noch die eigentliche Route her, die sich über 2 Nächte spannen soll. Da ich den Anspruch habe, nicht nur reine Fahrradwege zu fahren, gestaltete sich die Routenfindung schon um einiges komplizierter. Beim ADFC fand ich einige offizielle Radrouten, die mich persönlich jedoch nicht immer zufrieden stellten. Über die radverrückte Warm Showers Community ergab es sich immerhin, dass wir für Freitagabend in Lutherstadt-Eisleben unterkamen. Dorthin führen uns ausgeschilderte Radwege im Vorharzer, Mansfelder Land.

Als zweites Etappenziel eine einfache Harzer Dreieckshütte zur Übernachtung, führt die Tour entlang der Wippra durch Dankesrode, Straßberg, Güntersberge, Hasselfelde bis zur Rappboder Vortalsperre. Angenehme 1200 Höhenmeter und 90 Kilometer gilt es zu absolvieren. Am Sonntagmorgen muss der Brocken erklommen werden – hier erwarten uns über Elend und Schierke 1100 Höhenmeter auf nur 30 Kilometern sowie 1200 Höhenmeter Abfahrtsgaudi in 14 Kilometern nach Ilsenburg.

Die Strecken kannst du dir jeweils auf meinem Komoot-Profil anschauen: Tag 1, Tag 2 und Tag 3.

Entlang der Ilse auf einem breiten Waldweg den Brocken hinunter nach Isenburg
Den Brocken hinunter nach Ilsenburg

Übernachtung im Harz

Wie oben bereits beschrieben führen viele Wege durch den Harz und über den Brocken. Das großräumige Gebiet ist mit vielen Schutzhütten ausgestattet, die mal mehr und mal weniger geeignet für eine Biwaknacht sind. Unsere eigene Hütte war nicht im Stande, uns trocken zu halten. Nur das aufgebaute Außenzelt hat uns vor Schlimmeren bewahrt. Über diesen Link findest du eine vortreffliche Übersicht aller Hütten, nach denen du deine Übernachtung wählen kannst. Denk daran: Leave no traces und nimm eine Scheißeschaufel mit!

Unsere Hütte nahe der der Staumauer der Rappbodevorsperre
Unsere Schutzhütte nahe der Rappboder Vortalsperre

Bikepacking Harz – Unsere Tour

Tag 1: Halle (Saale) – Lutherstadt Eisleben

Auch wenn Halle durchaus einen ganzen Tagesbesuch wert ist, verlassen wir die Stadt heute fluchtartig gen Westen. Wir überqueren die breite Saale und lassen die Plattenbauten von Haneu (Halle-Neustadt) an uns vorbeiziehen. Kaum verlassen wir den planstädterischen Charme, empfängt uns der Wald der Dölauer Heide mit angenehmen Waldwegen. Hinter ihr folgen wir der Salza, einem Zufluss der Saale, hinein ins Mansfelder Land. Im Harzer Vorland hat sich die Salza eine flache, breite Senke geschaffen, an dessen leichten Hängen bereits Wein angebaut wird – ein wunderbarer Anblick in diesen Breitengraden. An den Weinhängen entlang, rauschen wir zum Süßen See und gönnen uns erst einmal ein Bad.

Pause am Süßen See im Mansfelder Land
Pause am Süßen See im Mansfelder Land

Unser Warmshower Host Andreas erwartet uns schon, also kämpfen wir uns die steilen Straßen Lutherstadt Eislebens hinauf. Andreas ist ein verrückter Hund: Er hat auf zwei Rädern mehr erlebt als manch anderer in drei Leben. Nach abertausenden von Radkilometern hat er sich in seiner Heimat niedergelassen und genießt nun die Ruhe der Kleinstadt. Wir hingegen genießen die detailreichen Ausführungen all seiner Radreisen nach Westafrika, in und durch den Iran oder Buxtehude (keine Ahnung, ob er in Letzterem je war). Wir lernen vor allem eines: man fährt nicht der Nase, sondern dem Wetter nach!

Tag 2: Lutherstadt Eisleben – Rappbodetalsperre

Ein kräftiges Frühstück verschlingend und eine Radkarte der Region inspizierend, machen wir uns am Samstagmorgen gaaaaanz gemütlich auf den Weg. Es war sicherlich bereits um 10.30 Uhr, als wir uns schlussendlich bequemen, loszufahren. Andreas Hinweise ändern die Tour, sodass wir bis Mansfeld fahren und von dort nach Wippra. Der Südharz macht sich durch einige Anstiege bereits deutlich bemerkbar.

Ein Warmshower-Host bot eine fantastische Nacht und Frühstück in Lutherstadt Eisleben an
Tourenplanung in Lutherstadt Eisleben
Herrlichste Landschaft bei Mansfeld-Lutherstadt
Herrlichste Landschaft bei Mansfeld

Nach erster Eis-Stärkung in Wippra führen uns grobschlächtige Feldwege und Singletrails immer weiter nach Westen – und somit hinauf. Die richtige Strecke abseits von Bundes- und Landstraßen zu finden war nicht so einfach, und so entpuppt sich der ein oder andere Weg doch als recht „interessant“, aber fahrbar. Zum Nachmittag hin kündigt sich ein Gewitter an, das wir glücklicherweise unter einem Unterstand über uns ergehen lassen.

Gewitterwolken ziehen auf und kündigen den Regen an
Gewitterwolken ziehen auf und kündigen den Regen an

Über den Brocken liest man auf Wikipedia, dass er an 300 Tagen des Jahres wolkenumhüllt und neblig ist. Umso mehr freuen wir uns, als wir über eine Hügelkuppe hinweg den Brocken am Horizont erblicken. Ein Wolkenloch hat sich in der dichten, dunkelgrauen Himmelsdecke aufgetan und gibt den Blick auf Deutschlands dominantesten Berg frei. Deutlich erkennbar ragt die Wetterstation in den Himmel, zu deren Füßen die Stadt Hasselfelde liegt. Auf einem Hasselfelder Friedhof füllen wir unsere Wasserflaschen, ehe wir uns auf die letzten Meter zu unserer Hütte an der Rappboder Vortalsperre machen.

Sich in Deutschlands Wäldern auf Google Maps Satellitenbilder zu verlassen, ist gewagt. Als wir an unserer Hütte ankommen, sieht nichts so aus, wie es aussehen sollte. Kahle Hänge, tote Bäume und von schwerem Gerät zerpflückter Boden – schön ist anders. Grüße gehen raus an Borkenkäfer und Klimawandel.

Ein Überzelt in der Hütte war nötig, um das marode Dach zu kompensieren
Hüttengaudi im Harz

Immerhin: Unsere kleine Hütte steht noch und wir entscheiden uns dazu, in dieser etwas gespenstischen Umgebung über Nacht zu bleiben. Die Räder verstauen wir hinten in der Hütte, kochen ein wenig warmes Essen und bereiten uns auf die Nacht vor. Glücklicherweise fängt es schon am Abend an zu regnen und es wächst rasant die Erkenntnis: Unsere Hütte ist nicht ganz dicht. So spannen wir flugs das Außenzelt und Gestänge über dem Hüttenboden auf, – die Zeltecken sitzen links und rechts auf den kleinen Bänken – sodass es sogar richtig gemütlich wird. Gute Nacht!

Blick Richtung Hasselfelde mit dem Brocken im Hintergrund
Blick Richtung Hasselfelde mit dem Brocken im Hintergrund

Tag 3: Brocken & Ilsenburg

Der Regen setzt sich über Nacht fort und ein wenig nass werden die Schlafsäcke trotzdem von tropfenden und platschen Rinnsalen die Zeltaußenwände hinunter. Zum Morgen hin ist zwar vieles nass, aber nur noch von unten. Nach einem schnellen Frühstück gehts auf die letzte Etappe. Den Vormittag verbringen wir damit, uns über den völlig gesättigten Boden der Waldwege nach Schierke zu kämpfen und verlieren bei dem dichten Nebel schon einmal die Übersicht. Doch mein Begleiter würde den Weg nach Elend, dem Ort des Rockens am Brocken, wohl auch im Schlaf finden. Schade, dass wir hier nicht übernachtet haben!

Nach einer Besichtigung der kleinsten Holzkirche des Universums führt uns der Weg an der kalten Bode entlang hoch nach Schierke – der Feuerstein wird natürlich nur hier gekauft. Daraufhin gilt es, lange zu klettern. Mein Radgenosse hat dabei mit seiner kleinen Übersetzung weniger Probleme als ich mit meiner Renndradschaltung – da geht maximal eine 1:1-Übersetzung. Die asphaltierte Straße hinauf zum Brocken meistern wir nichtsdestotrotz mit Bravour – auch wenn ich an zwei für mich zu steilen Rampen absteige.

Auf dem Weg durch den Morast
Auf dem Weg durch den Morast
Zu Gast in der kleinsten Kolzkirche Deutschlands, in Elend
Zu Gast in der kleinsten Kolzkirche des Universums, in Elend

Letzter Fun Fact: Das Klima auf dem Brocken entspricht in ungefähr dem Klima Islands. Na Prost Mahlzeit. Völlig verschwitzt ziehen wir uns oben angekommen alles an, schießen das Gipfelfoto und stürzen den Schierker Feuerstein hinunter. Auf dem 1141m hohen Gipfel selbst sehen wir natürlich gar nichts! Das habe ich aber auch noch nie anders erlebt. Auf zum spaßigen Abschnitt!

In einem Tempo, das mir ein wenig Angst einjagt, rasen wir wir hinunter nach Ilsenburg. Mit gefühlt 5000 Umdrehungen pro Minute rollen die Räder über den Waldboden und die Scheibenbremsen riechen ganz ordentlich, als wir einen kurzen Orientierungshalt machen. Die Fahrt hinunter nach Isenburg ist steil – da wäre ich niemals fahrend hochgekommen. Mit einem letzten Blick auf die Ilse Wasserfälle geht es hinunter in die Stadt und somit ans Ende unserer Wochenendtour. Bikepacking Harz: Schön wars!

Bikepacking Harz: Gipfelfoto auf dem Brocken
Bikepacking Harz: Gipfelfoto auf dem Brocken
Entlang der Ilse auf einem breiten Waldweg den Brocken hinunter nach Isenburg
Entlang der Ilse den Brocken hinunter nach Ilsenburg

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