Spreewald-Auszeit in der Nebensaison [Update 2020]

paddeln im Spreewald

Die lauen Wälder, schmalen Wasserwege und langsamen Kayakfahrten sind eines der berühmtesten Ausflugsziele im Osten Deutschlands. Nach einem Besuch der Märkischen Schweiz östlich von Berlin ging es nun in Süden. An einem sonnigen Samstag im November machen sich zwei WG-Mitbewohnerinnen und ich uns auf den kurzen Weg in die Niederlausitz: nach Lübbenau im Spreewald.

Błota auf sorbisch, übersetzt mit Sumpfland, beschreibt den Spreewald als Kulturlandschaft ziemlich treffend. Weit ausgedehnt winden sich die vielen natürlichen und künstlich angelegten Arme der Spree in einem fast 1000 kilometerlangen Netz. Die Fließgeschwindigkeit eilt dabei zu Hilfe. Zwischen der Nord- und Südausdehnung besteht gerade einmal 15 Meer Höhenunterschied. Als Biosphärenreservat ist der Spreewald bekannt für seine Wälder, Felder, kleinen Dörfer und die slawische Kultur. Heute kommen gerne noch biologischen Erzeugnisse der Landwirtschaft.

Ihre „beste“ Zeit hatte das Biosphärenreservat übrigens in den Achtzigern der DDR. Knapp drei gegenüber heute einer Million Touristen strömten hierher. Gleichzeitig ist es Fakt, dass genau angrenzend im Süden die schlimmste aller Bergbauförderungen stattfand (stattfindet?). Seit 1850 wurden in der Lausitz über zwei Milliarden Tonnen Braunkohle im Tagebau gefördert. Was daraus heute gemacht wird, siehst du hier.

Altstadt Lübbenau
Altstadt Lübbenau

Unsere eintägige Kayakfahrt im Spreewald

Von Berlin Ostkreuz Richtung Cottbus nach Lübbenau

Bereits um 07.30 Uhr klingelt der Wecker, denn in diesen kühlen und kurzen Novembertagen zählt jede Stunde. Wir packen Mützen, Handschuhe, Thermosflaschen, Brote und Schokolade ein. Der RE2 der Ostdeutschen Eisenbahngesellschaft ODEG verlässt das inzwischen nicht mehr ganz so rostige Ostkreuz Richtung Cottbus.

Gut gefüllt fährt der Zug mit vielen Studierenden, lauten Großfamilien und einer sektschlürfenden Gruppe Frauen an einem neuen Bahngleis ab. Bei zunächst noch bedecktem Wetter setzt er uns nach gerade einmal 49 Minuten Fahrt in Lübbenau ab. Die bis hierhin im Zug Verbliebenen verlaufen sich Richtung Zentrum des Städtchens. Die Sonne kämpft sich nun durch den Nebel und drängt die Wolken – ganz zu unserer Freude – zur Seite.

Spreewälder Geschäftssinn

Um ehrlich zu sein, habe ich mir keine großen Gedanken um eine Kayakvermietung gemacht. Da dies DIE Attraktion im Spreewald schlechthin ist, ging ich vor Abfahrt von keinerlei Problemen aus. Eine Freundin empfahl uns zuvor noch einen Vermieter und damit war die Sache für mich erledigt. Doch die Realität vor Ort ist erst einmal eine ganz andere, denn der besagte Vermieter lässt sich nicht auffinden. Unter der angegebenen Telefonnummer erreiche ich niemanden und sein Hostel ist menschenleer. Man merke sich: vorher anrufen!

Hungrig nach Kayakus tigern wir einige Meter weiter zu einem weiteren Vermieter. Am verschlossenen, grünen Eisentor gibt uns jedoch ein grimmig dreinschauender Mann im gesetzten Alter zu verstehen, dass die Saison vorbei ist. Na toll! Wir drehen um, doch sein Geschäftssinn ist entfacht. Prompt winkt uns er zurück. Heute ist wohl doch noch Saison! Da verdient der gute Mann an einem Doppel- und einem Einzelkajak doch noch einen guten Fünfziger. Und siehe da, es kam sogar noch ein Pärchen vorbei.

Im Kayak auf dem Südumfluter, Spreewald
Im Kayak auf dem Südumfluter

Fünfeinhalb Stunden ganz allein auf dem Wasser

Um halb 11 lassen wir die beiden Kayaks zu Wasser. Die Sonne strahlt durch die Baumwipfel und zeigt bereits zu Beginn des Tages ein herrliches Farbspiel. Ausgerüstet mit einer Karte gleiten wir langsam auf den Hauptkanal. Unser Vermieter hat uns die Route vorgegeben, denn nicht jeder Kanal ist hier freigeben oder schiffbar. Auf dem relativ breiten Südumfluter, auf welchem sich zu unserem Glück keine weiteren Menschen oder Botte befinden, geht es zunächst gen Südwesten. Wir gelangen nach 30 Minuten Fahrt an den II. Freiheitskanal und folgen ihm nach Nordosten.

Alleine im Kayak ist es gar nicht einfach, meinen beiden Mitstreiterinnen im Doppel zu folgen. Besonders wenn ich die Kamera heraushole kommt ein beträchtlicher Abstand zustande. Im nun kleinen Seitenarm fällt es mir etwas leichter, denn bei drei Metern Breite lassen wir es sehr ruhig angehen. Die Welt scheint stillzustehen. Wir sind uns nicht ganz sicher, ob das Wasser in diesem Kanal fließt oder steht. Jegliche menschengemachte Geräusche sind nun verschwunden.

Spieglein, Spieglein
Spieglein, Spieglein

Der Kanal mäandriert in diesem Bereich sehr stark. Doch spätestens nach der dritten Kreuzung zieht er wie mit einem Lineal gezogen geradeaus. In einem tiefen Blick öffnet sich das dunkle Wasser ins Unendliche. Es ist kein Ende in Sicht. Inzwischen merken wir die Anstrengung, denn wir sind das hier geforderte Zusammenspiel von Arm und Rücken aus unserem Alltag nicht gewohnt. Nach zwei weiteren Abbiegungen Richtung Süden, erreichen wir kurz vor der kleinen Ortschaft Leipe eine Schleuse, welche außer Betrieb gesetzt ist. Eine Rast mit warmen Tee aus der Thermosflasche und Butterbrot ist uns jetzt herzlich willkommen.

schnurgeradeaus im II. Freiheitskanal im Spreewald
schnurgeradeaus im II. Freiheitskanal

Nach einer guten Pause geht es über das Eschenfließ weiter zum großen Wirtshaus Wotschofska. Inmitten des Spreewalds liegt es auf einer Insel. Leider sind wir ein Wochenende zu spät dran. Wir können hier nur einen leichter Wind bemerken, wie er bunte Herbstblätter über den leeren, aber sonst tüchtigen Platz tanzen lässt. Erst hier, fast am Ende unserer Reise, treffen wir auf die ersten Menschenseelen.

Die Zeit schreitet kräftig voran und die Sonne neigt sich tief gen Horizont. Auf dem Weg zurück nach Lübbenau lenken wir die Bote durch das Dorf Lehde (Lědy). Leise schippern wir durch den Ort, als ob wir keinerlei Geräusch verursachen dürften. Zu malerisch geben sich die Häuser und scheint die Sonne vorbei an den großen Holzpfählen der Brücke. Knapp 150 Einwohner wohnen in diesem auf Inseln gelegenen, idyllischem Örtchen. Fast jedes Haus hat eine Anbindung ans Wasser. Bis heute wird die Post per Kahn ausgeliefert. Und so liefern auch wir uns nach fünfeinhalb Stunden wieder der Realität aus.

Eine Holzbrücke In Lehde, Spreewald
Eine Holzbrücke In Lehde

Was kann ich im Spreewald tun?

Der Spreewald ist ein von Nord nach Süd ausgedehnter Kulturraum mit verschiedenen Ortschaften (siehe Karte). Flussaufwärts vom Neuendorfer See im Gebiet des unteren Spreewaldes lassen sich kleine Dörfer und Städte mit dem Fahrrad bereisen. Für Geübte ist es auch möglich, hier bereits ins Kayak zu steigen, doch da empfehle ich eher die Route flussabwärts.

Flussaufwärts kommt die Stadt Lübben, welche auf der Strecke Cottbus – Berlin gut angebunden ist. Hier finden sich bereits zahlreiche Kayakverleihe. Der Hauptspree flussaufwärts folgend umschließen nun Süd- und Nordumfluter das Biosphärenreservat Spreewald.  Lübbenau ist der nächste Hauptort, von welchem sich eine Erkundung des Spreewaldes lohnt. Bis nach Burg beurteile ich den Spreewald als noch touristisch sehr lohnenswert.

Karte des Spreewalds
Karte des Spreewalds; entnommen: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/20/Karte_Spreewald.png

Wann soll ich den Spreewald erkunden?

Grundsätzlich ist es zu jeder Jahreszeit möglich. An einem Sommerwochenende und insbesondere während der Sommerferien wird es hier sehr voll. Doch bis in den November hinein lohnt sich ein eigener Ausflug auf dem Wasser. Hier kann man bei Glück sogar ganz alleine sein. Kahnfahrten werden – solange nichts vereist ist – sogar ganzjährig angeboten.

Der Winter bietet wunderschöne Blicke in eine erfrorene Natur und ein ganz eigenes Erlebnis. Ein kuscheliges Wochenende in warmen Betten im Spreewald und eine Winterwanderung? Nichts wie hin!

Wie komme ich in den Spreewald?

Perfekt angebunden nach Berlin, lohnt es sich die Fahrt durch Brandenburger Wälder und Felder mit dem Zug Richtung Cottbus oder Senftenberg nehmen. Mit dem RE benötigst du 49 Minuten und mit dem RB 1 Stunde 4 Minuten. Aussteigen kannst du dann z.B. in Lübben oder Lübbenau. Ebenso gut ist der Spreewald von der A13 aus (Berlin – Dresden), mit dem Auto zu erreichen.

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