Am Ende einer langen Backpacking-Reise im Winter erblicke ich vom Schiffsdeck der DBS Eastern Dream die koreanische Gebirgskette. Südkorea im Winterkleid! Fast zwei Monate ist der Aufbruch über die Ukraine und Russland aus einem wintergrauen Berlin nun her. In diesem Moment bin ich wirklich des Reisens müde, doch der Anblick einer mir unbekannten Landschaft und die Vorfreude auf seine Bewohner kitzeln erneut meine Reiselust. So lange hatte ich mich schließlich auf diesen 3-wöchigen Ausklang einer Traumreise gefreut: Backpacking Südkorea im Winter.
Prolog: Fähre von Wladiwostok nach Donghae
Die eisernen Wände der Fähre vibrieren. Die rhythmischen Bewegungen der schweren Dieselmotoren aus dem Schiffsrumpf dringen durch die Vorhänge der kleinen Bettkapsel an meine Ohren. Ich nehme leises Geschnatter im Raum auf. Die Zeiger stehen auf 8 Uhr. Ich versuche, die Gliedmaßen ein wenig von der harten Matratze zu lockern. Langsam stehe ich auf, ziehe mir die warme, schwarze Jacke über, die ich im „Marzahn Kyjiws“ erstanden hatte und schlurfe aus dem dicht bebauten, fensterlosen Schlafsaal. Das Sonnenlicht scheint bereits durch die Fenster, als ich die Tür nach außen öffne. Meine Augen erblicken, das Ziel einer langen Reise: Südkorea im Winter!
Lange habe ich überlegt, wo sonst man auf der Welt 20 Stunden mit einer Fähre fahren übersetzen kann, um solch einen Kulturschock zu erleben. Mir fällt kein anderer Ort ein.
Auf dem Schiff lerne ich eine Potsdamerin kennen, die bereits auf dem Schiffsdeck steht und den Blick über das Meer schweifen lässt. Viele Mitreisende aus Russland tun das auch, denn die Sonne scheint und es hat einige Grad über Null. Noch gut eine Stunde von der kleinen Hafenstadt Donghae entfernt, sehen wir die Gebirgskette des Tabake-Gebirges wie eine unregelmäßige Perlenschnur an der Küste aufgereiht. Sie zieht sich die gesamte Ostküste der koreanischen Halbinsel entlang und kennt natürlich keine politischen Grenzen: Nordkorea ist nur 100 Kilometer von unserem Schiff entfernt. In einem weiten Bogen haben wir von der russischen Küste aus Nordkorea gemieden.

In Südkorea stehe ich erst einmal blank da. Hatte ich nach einem zweiwöchigen Russisch-Sprachkurs wenigstens die absoluten Basics für die kyrillische Welt zwischen Lviv und Wladiwostok auf Lager, verstehe ich jetzt nur noch Bahnhof. Die Einreiseformalitäten am Hafen sind schnell und unkompliziert geklärt, doch nun sehen meine Begleiterin und ich uns damit konfrontiert, dass wir in dieser untouristischen Industriestadt erst einmal gar nichts verstehen. Welcher Bus fährt wohin? Was ist das für eine Straße und was ist das eigentlich für ein Essen, das ich da gerade bestelle?
Die 20-stündige Fähre von Wladiwostok nach Donghae katapultiert uns in eine gänzlich andere Welt: Die moderne Architektur, das bunte Straßenbild, das Äußere der Menschen, das koreanische Schriftsystem und die dazugehörigen Laute, die moderne Technik, das bunte Essen und seine Gerüche. Lange habe ich überlegt, wo man auf der Welt 20 Stunden mit einer Fähre fahren kann, um einen solchen Kulturschock zu erleben. Obgleich ich nach dem harten sibirischen Wintern der langen Reise echt fertig bin, mobilisiere ich jetzt alle Kräfte für die bevorstehenden Eindrücke auf der koreanischen Halbinsel.

Meine TOur durch Südkorea im Winter
Im Vorfeld noch ziemlich ungeplant, bereite ich mich während meiner letzten Tage in Waldiwostok gedanklich auf die koreanische Halbinsel vor. Von der nordöstlichen Hafenstadt Donghae aus startend, ergibt sich eine logische Route im Uhrzeigersinn.
- Ich verbleibe im Nordwesten, denn hier warten zwei Highlights: sowohl ein Besuch der Demilitarisierten Zone (DMZ), bzw. militärischen Demarkationslinien als auch die Besteigung des Seoraksan (1708m) im gleichnamigen Seoraksan-Nationalpark. Die kleine Hafenstadt Sokcho bietet dafür mit ein wenig Backpacking-Infrastruktur eine passende Basis.
- Nach diesen ersten gegensätzlichen Eindrücken rückt die Kultur in den Fokus. Eine Zugreise über Andong ins Zentrum des Landes bringt mich nach Hahoe, ein restauriertes koreanisches Dorf, in dem man traditionell übernachten kann. Danach geht es weiter in die ehemalige Hauptstadt und heute wichtige Kulturstätte Gyeongju. Als nächstes folgt Südkoreas zweitwichtigste Stadt Busan am Japanischen Meer.
- Danach gibt es einen harten Cut, indem ich im Jirisan-Nationalpark im Südwesten des Landes für 2 Tage in ein Kloster eintauche – das nennt sich dann Temple Stay.
- Den Abschluss bildet natürlich die Metropolregion Seoul. Hier tobt das ostasiatische Leben und so werden die letzten Tage einer langen Reise auch schnell zu Ende gehen.

Und da man sich als Reisender ja so gerne im Netz darüber informiert, wie viel Zeit man denn wo verbringen kann, findet ihr hier eine kurze Übersicht zu meiner Route.
Sokcho, DMZ & Seoraksan | Tag 1 bis 4 |
Andong & Hahoe | Tag 5 und 6 |
Gyeongju | Tag 7, 8 und 9 |
Busan | Tag 10 und 11 |
Jirisan: Temple Stay Hwaeomsa | Tag 12 und 13 |
Seoul | Tag 14 bis 20 |
Sokcho und die DMZ
Von der nordöstlichen Hafenstadt Donghae aus startend, führt mich meine Reise unkompliziert mit einem Bus nach Sokcho, wo ein tolles Hostel auf mich wartet. In einer überaus angenehmen Backpacker-Atmosphäre lerne ich sogleich einen deutschen Braumeister kennen, der in Kürze in Sokcho einen neuen Job beginnt. So erkunden wir gemeinsam die Fischmärkte, wundern uns über kleine Rotlichtgassen, betrachten das rauschende Meer und verköstigen die ein oder anderen unbekannten Speisen und Getränke. Die Reisspirituose Soju ist mir eine mehr als willkommene Abwechslung zum russischen Wodka.

Bereits am zweiten Tag besuche ich die koreanische DMZ. So unfassbar ernst wie das Thema ist, hat Südkorea jedoch eine mehr als profitable Tourismusnische daraus entwickelt. Die Regierung hat bereits mehrere Besucherzentren, Ausgucke, sogar Wander- und Fahrradwege entlang der DMZ gebaut und geplant. Ich besuche das nordöstlichste Besucherzentrum Goseong Unification Observatory Tower direkt am Meer. Ein regulärer Bus bringt mich in die Nähe des touristischen Eingangs, an dem man einen geringen Eintritt zahlt. Von hier aus trampe ich die restlichen Kilometer bis zum eigentlichen Gebäude.
Hoch auf dem Hügel – er ist trotz Winter fast schneefrei – und direkt am Meer, blicke ich nach Nordkorea.. Dabei denkt sich jeder Mensch unweigerlich: Wie bekloppt sind eigentlich Grenzen? Die Grenze verrammelt, patrouillieren Soldaten Südkoreas am Strand und einmal knallt es sogar deutlich. Eine Truppenübung? Das werde ich wohl nie erfahren. Das DMZ-Gebäude bietet noch einige englischsprachige Informationen, doch ehrlich gesagt geht es auch recht fix wieder zurück nach Sokcho.


Seoraksan-Nationalpark im Winter
Obwohl Südkorea eine dreimal so hohe Bevölkerungsdichte hat wie Deutschland, gibt es ganze 22 Nationalparks. Einer der größten ist nach dem dritthöchsten Berg des Landes benannt und mein Ziel für zwei Wanderungen: Seoraksan (1708m). Am ersten Tag gehe ich bereits in die Vollen und suche mir eine Route (Komoot-Link) hoch hinauf auf den Seoraksan. Da ich ein Freund von Übersteigungen bin und der ÖPNV gut ausgebaut ist, muss ich nicht zum Haupteingang zurückkehren.

Gut und günstig von Sokcho erreichbar, erklimme ich über 16 Kilometer und 1500 Höhenmeter den Gipfel Seoraksan. Typisch ostasiatisch steigt man dabei sehr oft über eine auf den Berghang gestellte Treppenkonstruktion mit Geländer. Diesen Aspekt zur Seite geschoben, ist es eine wirklich schöne Winterwanderung. Ende Februar und der Höhe des Gebirges geschuldet, liegt natürlich noch einiges an Schnee, doch die eisernen Treppen, die einen halben Meter über Hang schweben, lassen mich darüber hinwegsteigen. Kurz vor dem Gipfel kehre ich noch ins Jungcheong Mountain Shelter ein. In einem großen ungeheiztem Raum können andere Wandernde und ich von Wind, Winter und Wetter geschützt in Ruhe etwas essen und trinken. Die freundlichen Südkoreaner laden mich auf etwas Soju ein, ehe es wieder hinaus in den nun sehr starken Wind und auf den Gipfel geht.
Die Wanderung führt mich nun steil hinab Richtung Süden und endet schlussendlich wie es sich gehört: In einem heißen Bad! Im Osaek Carbonated Hot Spring schiebe ich meinen geschundenen Körper zwischen jeder Menge südkoreanischer Männer ins heiße Wasser. Das Thermalbad bietet allerhand warme Becken unterschiedlicher Temperatur und Saunen. Dabei bekommt man an der Rezeption alles Wichtige gestellt: Bademantel, Schuhe etc., klasse! Man darf definitiv kein deutsches Schickimickibad erwarten, sondern sich auf etwas rustikaleres einstellen, aber mir gefällt es und bekommt eine klare Empfehlung.



Am nächsten Tag statte ich dem Seoraksan Nationalpark noch einen zweiten Besuch ab. Ich nehme mir etwas Zeit für die hiesigen Tempel und den berühmten Ulsanbawi Rock, um den sich einige Mythen ranken. Über viele Treppen besteige ich den Berg und sauge die wunderschönen Rundumblicke auf das heute wolkenfreie Land in mich auf. Dabei komme ich wiederholt in einige – wie sich später feststellt seltene – Gespräche mit anderen Südkoreanern über ihr Land, Leute und natürlich auch den nördlichen Nachbarn.

Im Kulturdorf Hahoe
Auf dem Weg nach Süden, hin zur zweitgrößten Stadt des Landes Busan, liegen zwei wichtige Kulturhöhepunkte. Ersterer ist das UNESCO-Weltkulturerbe Hahoe. Der Besuch lässt sich mit einer Zugreise verbinden und so geht es über Andong in das kleine Dorf am Fluss Nakdong, in dem man Jahrhunderte zurückreisen kann. Die Häuser sind traditionell gehalten und geben einen Einblick in alte Strukturen. Ich nehme mir Zeit mit und entscheide mich auch, im Dorf traditionell zu übernachten: winziges Zimmer, eine dünne Matratze auf dem Boden und Essen auf dem bodennahen Tisch. Meine Gastgeberin gibt sich sehr höflich, doch eine Unterhaltung ist aufgrund der Sprachbarriere leider nicht möglich.


Leider ist Südkorea im Winter abseits der Städte recht ausgestorben und die Landschaft karg, aber so genieße ich die Ruhe und den Besuch des Maskenmuseums. Hier wird neben der südkoreanischen auch die weltweite Maskenkultur erklärt, was mich sehr beeindruckt. Ob man im Winter hier wirklich übernachten muss, sei mal dahingestellt, aber ein Besuch des traditionellen Dorfs lohnt sich definitiv. Bei Be Marie Korea gibt es einen ausführlicheren Eindruck von Hahoe im Sommer.

Gyeongju – das alte Königreich Silla
Ich lasse das Dörfliche hinter mir und taste mich langsam an die bevorstehende Millionenmetropole Busan heran. Zunächst aber geht die Reise in die alte Königsstadt Gyeongju. Die heute mittelgroße Stadt war fast 1000 Jahre lang die Hauptstadt des Silla-Reiches – eines von vier Königreichen zwischen dem Jahr 50 n. Chr. und 950 n. Chr. auf der koreanischen Halbinsel.
In einem Hostel lerne ich zwei Deutsche kennen und wir erkunden gemeinsam die zahlreichen Tempel und Grabanlagen der Stadt. Die Kulturstätten sind alle hervorragend restauriert und bieten eine tolle Kulisse, in die man sich hineinversetzen kann. Die Auswahl an Kulturstätten ist ziemlich groß und so besuchen wir neben den bekannten Grabhügeln Daereungwon, auch den Bulguksa-Tempel, ein Nationalmuseum, den Park des Dongung-Palasts bei Nacht und machen einen ganztägigen Abstecher in den Gyeongju-Nationalpark (Tohamsan, 745m).
Kulinarisch kommen wir in Gyeongju zu dritt ebenso voll auf unsere Kosten. Wir speisen in tollen Restaurants, probieren uns quer durch die Fisch- und Frischemärkte und entdecken dabei so manch Genieß- und Ungenießbares. Herrlich! Nach einer ordentlichen Stärkung gehört am Abend natürlich Karaoke dazu, das sich bei Bier und Soju aushalten lässt. So kann es nach zwei erlebnisreichen Tagen gemeinsam nach Busan gehen.



Südkoreas Zweite: Die Hafenstadt Busan
Vom Dach des Lotte Department Stores höre ich Möwengeschrei, krächzende Lastenkräne und brummende LKWs. Es ist die Geräuschkulisse einer Hafenstadt, die sich von der Dachterrasse des Shopping Centers gut hören lässt. Busan ist einer der wichtigsten asiatischen Häfen und somit herrscht reges Treiben unter den 3,5 Millionen Einwohnern. Meine Augen schweifen über die Ausläufer der östlichen Taebaek-Gebirgskette, die bereits von der Urbanisierung übernommen werden. Viele kleine Buchten säumen die Küstenlinie, womit sich viele natürliche Häfen ergeben. Nur die Mündung des aus Hahoe bekannten Flusses Nakdong sehe ich nicht. Er mündet versteckt hinter einer Hügelkette ins Japanische Meer (Ostmeer in Südkorea, bzw. Koreanisches Ostmeer in Nordkorea).
Busan ist für mich seit langer Reise (Krasnoyarsk in Sibirien) wieder einmal eine Großstadt. So lässt sie sich vor allem von oben gut erkunden: Der Busan Tower ist schnell gefunden und eine Fahrstuhlfahrt hinauf definitiv den Geldschein wert. Bei der Betrachtung der in die Hänge gebauten Häuser muss ich als Geograph leider arg schlucken, denn nur zu gut kenne ich die Bilder von durch Starkregen ausgelösten Bergrutschen. Zu viel ist manchmal einfach zu viel.


Mit meiner Begleitung aus Gyeongju fülle ich mir nach dem Busan Tower noch den Magen im nebenan liegenden, berühmten Gukje-Market, ehe es zum bunt verzierten Gamcheon Cultural Village geht. Hier drängen sich die Massen durch ein einst angelegtes Arbeiterviertel, doch ein Stadtprojekt von 2009 verwandelte das in einen Hang gebaute Labyrinth in eine kunterbunte Kulturveranstaltung. Die Bewohner des Stadtteils werden heute von jährlich 1,5 Millionen Besuchern heimgesucht. Toll, oder?
Wenn ich wählen dürfte, würde ich immer in einer Stadt am Meer mit umliegenden Bergen leben. Die Hochhäuser imposant vor den Bergen und Stränden liegend, lässt es sich hier sicherlich gut aushalten. Am zweiten Tag erkunde ich die Küstenlinie im Igidae Waterside Park. Ein angelegter Wanderweg verläuft auf den steinigen, steil abfallenden Flanken und bietet tolle Aussichten auf die Stadt und Meer. Sein Ende finde ich am Oryukdo Skywalk, auf dem die Sonne am Ende Tages ein schönes Lichtspektakel veranstaltet. Mit etwas Wehmut schaue ich der Fähre nach Japan hinterher, die gerade den Hafen verlässt. Aber mein nächstes Ziel ist eher ruhiger Art.


Temple Stay im Hwaeomsa Temple
Obwohl des Reisens und der letzten Nacht müde – Grüße gehen raus an alle Schnarcher, ihr Nasen! -, geht es um 7.30 Uhr im Bus nach Gurye am Rande des Jirisan Nationalparks. Als weiteres Highlight Südkoreas wartet ein „Temple Stay“ auf mich. Seit der Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft 2002 gibt es ein Programm des nationalen Jogye Order of Korean Buddhism, welches es Teilnehmenden ermöglicht, ins Klosterleben einzutauchen.
Aus den verschiedenen Angeboten, nehme ich mir ein einfaches 2-Tage-Programm heraus. Unkompliziert buche ich per Mail relativ kurzfristig einen Platz und fahre zum Hwaeomsa Tempel. Durch das Tor schreitend, begrüßt mich ein weibliches Mitglied der Klostergemeinde und führt mich in die kommenden zwei Tage ein: Ein einfachstes Zimmer wie im traditionellen Dorf Hahoe wird mein kurzes Zuhause. Es gibt auch einen richtigen Ablaufplan. Neben Teezeremonien, Mahlzeiten und Spaziergängen steht dort unter anderem auf dem Plan: „108 bows“ (meditative Praktik des Verbeugens) zwischen 03:30 Uhr und 04:30 Uhr. Oha.

Ich finde, man muss nicht immer alles teilen. Es ist schon etwas besonderes, an einem für viele Menschen heiligen Ort zu bleiben, während die Touristen gehen. Natürlich ist es ein Highlight, mit den Mönchen gemeinsam zu speisen (sehr, sehr lecker!), oder um 03:30 Uhr von einer Riesenglocke und dem buddhistischen Trommelwirbel geweckt zu werden. Der Trommelwirbel ist unfassbar und der jeweilige Mönch soll wohl Jahre damit verbringen, diese genaue Abfolge von Schlägen zu erlernen. Das Geläut der Glocke ist unfassbar tief und geht durch Mark und Bein. Da schüttelt es mich heute noch.
So bin ich froh, die Möglichkeit des Temple Stays in den Bergen Jirisans wahrgenommen zu haben. Der Diskretion entsprechend habe ich natürlich auch nur wenige Fotos angefertigt. Wer tiefe Eindrücke zum Temple Stay nachlesen möchte, findet u.a. etwas bei Nick Kembel. Auf mich wartet aber nun mehr die Hauptstadt des Landes: Seoul!

Megacity Seoul
Backpacking in Südkorea beginnt beziehungsweise endet höchstwahrscheinlich sehr oft hie – oder die Stadt selbst dient als Wochen(-end)trip in Ostasien. Für mich ist es nach mehrals zweieinhalb Monaten Reise die letzte Station. Um es kurz zu fassen: Seoul war für mich und in meinem Reisemüdigkeitszustand der absolute Overkill. Voll, laut, bunt, schrill, extrem. In meinem Reisetagebuch sind jedenfalls zwei Tage Kater verbucht.
Seouls Hostelkultur ist unfassbar gut ausgebaut und so gibt eine Wahl zwischen sehr vielen, sehr guten Locations. Meine Wahl fällt auf ein Hostel im Norden nahe des Namsan-Parks mit dem berühmten Seoul Tower. Leider vergeige ich die Öffnungszeiten am Abend, doch selbst vom Fuße des Turms aus lassen sich imposante Fotos des südkoreanischen Nachtlebens erstellen.


Natürlich findet sich im Hostel schnell eine internationale Clique zusammen, mit der ich gemeinsam Stadt und Menschen erkunde. Zu den Kuriositäten zählen ein Café mit Waschbären und eine öffentliche Bibliothek mitten in einer Mall (siehe Bild), aber auch sehr betrunkene Karaoke-Nächte (daher wohl die zwei Tage Kater), ein denkwürdiges Kriegsmuseum und natürlich: Tempel und Paläste. Übrigens: Vor 10 Jahren hat man in Seoul eine Stadtautobahn eingerissen, um den darunter liegenden Fluss über eine Länge von 11 Kilometern zu befreien und wieder in die Stadt zu integrieren – den Cheonggyecheon Fluss. Heute bietet er eine fantastische Anlaufstelle für Kulturveranstaltungen und entspannte Abende.
Obwohl ich ganze sechs Tage in Seoul verbringe und dabei so einige schöne Ecken besuche, stellt sich bei mir relativ schnell das Gefühl ein, dass sich viele Gegenden doch sehr ähneln. Ich muss ganz als architektonischer Laie feststellen, dass sich südkoreanische Städte kaum voneinander unterscheiden. Kaufhaus hier, Kaufhaus da, Tempel hier, Hochhaus da. Es fehlen die vielen verschiedenen Baustile, die wir aus der europäischen Kultur und sich im Stadtbild ausdrücken. Doch das mag mich nicht verwundern: Das noch vor einigen Jahrzehnten arme Land wurde rasant industrialisiert. Es scheint nur einen traditionellen oder modernen Stil zu geben.


So leidet schnell meine Lust, die Stadt zu erkunden, denn insbesondere der allgegenwärtige Konsum nimmt für meinen Geschmack einen wahnsinnigen Raum ein. Zwei weitere Highlights gibt es jedoch noch: Ein Fußballspiel von Incheon United FC und eines vom FC Seoul. Die koreanische Fußballliga ist über die Landesgrenzen hinaus nur unter den Kennern und Groundhopppern – Menschen, die u.a. in anderen Ländern Spiele besuchen – bekannt. Nichtsdestotrotz ist es durchaus interessant, hier einmal die Bevölkerung in einer anderen Facette zu beobachten (ser Fußball ist eh nicht ansehnlich). Ich empfehle dazu meinen Hopping-Bericht, der dich sicherlich zum Schmunzeln bringen wird!
Für etwas detaillierte Einblicke in Seoul, lohnt sich dieser ausschweifende Beitrag von Torsten, upandaway. Ich für meinen Teil verabschiede mich aus dem südkoreanischen Winter. Seoul hat einen sowohl positiven als auch gemischten Eindruck hinterlassen. Mein Hinweis: Lass es einfach auf dich wirken und hab viel Spaß! 안녕 – Tschüß!


Transport in Südkorea
Der öffentliche Nahverkehr in Südkorea ist hervorragend ausgebaut und für Ausländer gut nutzbar. Mit einer lateinischen Schrift ist allerdings außerhalb der touristischen Zentren nicht zu rechnen. Nichtsdestotrotz ist jeder Punkt der Halbinsel gut und günstig zu erreichen. Wer Fan von Zügen ist, wird auch auf seine Kosten kommen. Das Korail-Netzwerk hat sowohl langsame Regionalzüge als auch Schnellzüge (KTX). Die besten englischen Karten konnte ich in diesem Blogbeitrag von 2012 finden, denn sie beinhalten auch die langsameren Zugstrecken.


Kulinarik
Wenn man eine Sache von mir behaupten kann, dann, dass ich für Essen nicht super empfänglich bin. Das will heißen, nur wegen gewisser Kulinarik zieht es mich nirgendwohin. Ich esse, weil ich muss und weil es manchmal auch echt lecker ist. Jedoch kann ich über Südkorea nicht schreiben, ohne dass das Essen sein eigenes Kapitel erhält.
Ob im Restaurant, auf der Straße oder auf dem Markt: Bestell einfach. Selten hat es mir so viel Spaß und Freude bereitet, das Essen eines Landes in mich hineinzuschlingen. Im Vergleich zu vielen anderen ist die südkoreanische Küche wirklich vielfältig. Was ich da jedes Mal bestellt habe, konnte ich entweder vorher nicht lesen oder danach trotz Verspeisung nicht benennen, aber das war auch egal. Ich lasse an dieser Stelle einfach mal die Bilder für sich sprechen und lasse dich mit einem tropfenden Zahn allein.










Übernachtungen
Südkorea ist touristisch sehr gut erschlossen. In den wichtigsten Orten wie Seoul, Busan, Sokcho, Gyeongju etc. finden sich auch typische Hostels für Backpacker. In den kleineren Orten findet man diese oft online als „Hostel“ markiert, aber sie sind im Grunde nur einfache Schlafplätze. Als besondere Übernachtungsorte bieten sich traditionelle Häuser wie die in Hahoe oder ein Temple Stay an. In beiden Fällen schläft man auf einer dünnen Matratze auf dem Boden. Das kann im Winter recht kalt werden, auch wenn ich keine Probleme hatte. Während ich in Russland hervorragend auf Couchsurfing zurückgreifen konnte, blieb mir diese Erfahrung in Südkorea leider verwehrt. Dies liegt mitunter an verschiedenen Gegebenheiten: Familien leben auch heute noch oft generationenübergreifend zusammen – und das auf wenig Raum. Insbesondere im urbanen Gebiet sind Quadratmeter teuer und Mangelware. Wenn du aber in das Glück südkoreanischer Gastfreundschaft kommen solltest, genieße es 🙂

Ich wünsche dir viel Spaß dabei, Südkorea im Winter zu erkunden! Wenn es dich noch weiter trägt, nimm doch gerne die Fähre nach China, Japan oder Russland.