Mixed Climbing und Eisklettern Hohe Tatra

Ein Bergsteiger in Stary Smokovec
Rattatata, Rattatata, Rattatata klingt es an einem späten, -2°C-kalten Samstagabend von den Gleisen hinauf in unser Schlafwagenabteil. Der Nachtzug von Košice nach Prag gleitet geräuschvoll durch den winterlichen Untertatra-Kessel zwischen Hoher und Niederer Tatra. Ich schiebe das Abteilfenster gänzlich herunter, damit mein Seilpartner vom mittleren Bett aus seinen Kopf in den eisigen Fahrtwind halten kann. Unsere Gedanken wandern zurück zu den steilen, eisigen und verschneiten Granitwänden der Hohen Tatra – wie die Eisaxt sich ins tiefgefrorene Tatragras beißt und sich die Spitzen unserer Steigeisen ins Eis bohren. Bereits zum zweiten Mal hat uns die slowakische Hohe Tatra in ihren Bann gezogen und davon möchte ich berichten: vom Eisklettern in der Hohen Tatra. Die Menschen, die hier bergsteigen, sind nicht Alpinisten – sie sind Tatranisten.

Die wichtigsten Links, Karten und Bücher

Klimafreundliche Anreise: Mit der Bahn von Berlin nach Poprad: 12-13 Stunden, Umstiege in CZ und SK, Anbieter: DB, ČD, Regiojet. Nachtzug zw. Prag und Poprad.

Wetter und Lawinen: hzs.sk, laviny.sk, avalanche.sk, HZS App

Klettern: tatry.nfo.sk für Kletterrouten und Eisfälle (Tatranské Ľady), Kletterführer (SK) von Tatra Plan – Ost (východná časť), West (západná časť), Winter (zima), auf D: Hohe Tatra Band 1-3, 1984, DDR-Sportverlag)

Kartenmaterial: mapy.dennikn.sk (inkl.  Lawinenanzeige unter Legende), mapy.cz, mapytatr.net, opentopomap.org, Tatry Plan Vysoké Tatry 1:25000 (online: http://www.tatry.nfo.sk/mapatotal.html)

Das Gebiet der Hohen Tatra

Über die physische Karte Europas gebeugt, fällt jedermann und jederfrau der 1300km lange Karpatenbogen von Tschechien über die Slowakei, Polen, Ukraine bis nach Rumänien auf. Und um diesen Bogen, genauer gesagt um dessen höchste Erhebungen, soll es hier gehen. Bereits zwei Jahre zuvor habe ich in der Tatra einige Zeit verbracht.

Die kleine, unscheinbare Slowakei östlich von Österreich besteht zu zwei Dritteln aus Bergland und ist von den Inneren Westkarpaten geprägt. Und eben ganz im Norden der Slowakei konzentrieren sich die höchsten Erhebungen des gesamten Bogen – hier gipfelt der Gerlachovský Štít auf 2654m.

Im Norden erheben sich mehrere Gebirgszüge um ein wichtiges Tal, den Untertatra-Kessel (Podtatranská kotlina). Dieses 10km breite und 60km lange Tal in Ost-West-Ausdehnung grenzt an die Große Fatra (Malá Fatra) im Westen, die Niedere Tatra (Nizke Tatry) im Süden und die Hohe Tatra (Vysoké Tatry) im Norden. Der Ausgangsort für die Hohe Tatra auf 670m ist Poprad (Deutschendorf) mit seinen 50.000 Einwohnern und dem Hauptbahnhof der Tatrabahn, Tatranská elektrická železnica.

Wie an einer schönen Schnur unterhalb des Gebirges aufgereiht, verbinden auf einer Höhe von 1000-1300m parallel zum Talverlauf die Tatrabahn und eine Landstraße (Freiheitsstraße) die höchsten Siedlungen miteinander. Alle diese Siedlungen wurden 1990 unter dem Stadtnamen Vysoké Tatry zusammengefasst. Von diesen Siedlungen führen vier Straßen hinab in den Untertatra-Kessel.

Vyoské Tatry
Das Gebiet der Hohen Tatra auf einer schematischen Karte

Die Tatra

Der Gebirgskomplex Tatry, zu zwei Dritteln in der Slowakei, zu einem in Polen, gelegen, beginnt im Westen mit der Westtatra, Západne Tatry. Der Kamm ist 30km lang und gipfelt auf 2200m. Hier gibt es einsame Kammwanderungsgarantie! Daran anschließend folgt die Osttatra: Východné Tatry. Sie ist nochmal unterschieden in die Hohe Tatra (Vysoké Tatry) und Belianske Tatry. Letztere ist für uns aber zu klein, unwichtig und streng geschützt. Mehr über die polnische Tatra erfährst du in diesem Wanderbeitrag und diesem Infobeitrag.

Der 26km lange Hauptkamm der Hohen Tatra trennt Polen und die Slowakei. Nach Norden und Süden zweigen Seitenkämme ab, die oft stufenförmig ansteigende Täler zwischen ihnen aufweisen. Im Norden (Polen) sind die Täler lang gezogen, im Süden (Slowakei) höher gelegen. Beide Seiten sind heute Nationalparks – in der Slowakei TANAP (Tatransky narodny park) genannt. Obwohl die TANAP alle Wanderwege zwischen dem 1.11 und 15.6 sperrt, darf jeder die ganzjährig bewirteten Hütten auf direktem Wege aufsuchen.

Die wichtigsten Täler und Hütten der Hohen Tatra

Statt hier nun die einzelnen Täler (dolina) und Hütten (chata) nur aufzuzählen, möchte ich euch gleich eine Einschätzung für den Wintersport (Eis, Mixed) geben. Beginnen wir im Westen.

  • Mengusovska Dolina:großer Talkomplex, Chata pri Popradskom Plese, alle Schwierigkeiten zum Klettern, 4 Eisfälle
  • Velická Dolina: 4-Sterne Hotel Sliezsky Dom mit bezahlbarem 12-Bettenzimmer, Ausgangspunkt für Gerlachovsky Štit (2654m), weitere lohnenswerte Ziele, 7 eingetragene Spots mit Eis.
  • Velká (groß) und Malá (klein) Studena Dolina: Startpunkt für beide Täler ist der Skiort Hrebienok, Zbojnická (großes Tal) und Teryho (kleines Tal) Chata liegen auf jeweils 2000 Metern, Hrebienok, Bilikova und Zamkovskeho bieten weitere Hütten weiter unten im Tal, sehr beliebtes Klettergebiet (u.a. Lomnitzer Spitze), 27 Eisfälle
  • Dolina Bielej vody: sehr großes Tal, endet am See Zelené pleso mit Chata pri Zelenom plese, viele und nahe Kletterrouten, 7 Eisfälle

Bergsteigen und Eisklettern in der Hohen Tatra

Ungarn, Slowaken, Polen und Karpatendeutsche haben in der Hohen Tatra den Bergsport entwickelt. Seit Ende des 19. Jahrhunderts entstanden Hütten, Gebirgsvereine und touristische Infrastruktur im hauptsächlichen Granitgestein. Bitte haltet euch an drei einfache Regeln:

  1. Nur Mitglieder eines Bergsteigervereins dürfen Gipfel abseits von Wegen besteigen.
  2. Biwakieren ist verboten.
  3. Wege sind vom 1.11 bis 15.06 gesperrt (mit in 1. genannter Ausnahme).

Von steilwandigen, U-förmigen Trogtälern bis hin zu Talkomplexen, Kesseln, zerklüfteten Graten und Eisfällen bietet die Hohe Tatra Bergsteigern ein hervorragendes Gebiet. Das Gestein ist hauptsächlich Granit. Für Winterbegehungen gibt es die Besonderheit, gefrorenem Tatra-Gras mit der Eisaxt zu vertrauen. Zu DDR-Zeiten war die Hohe Tatra oft das einzig erreichbare Hochgebirge. Seit dem Fall der Mauer scheint dem nicht-slawischen Sprachraum aber das Interesse verloren gegangen zu sein. Der einzige Führer mit drei Bänden stammt vom Ost-Berliner Sportverlag – der ist immer noch eine gute Grundlage.

Mala Stedena Dolina im Winter
Mala Studena Dolina bei bester Witterung

Eine Woche Schnee und Eis in der Hohen Tatra

(Hier gehts zum kleinen Update von 2023) Die Wetterprognosen könnten schlechter nicht sein: 2-3m Schnee, Lawinenstufe 3 und ein aufziehender Sturm über ganz Mitteleuropa. Aber es ist für ein weiteres Abenteuer im diesem kleinen Hochgebirge bereits alles vorbereitet. So besteigen wir an einem Samstagmorgen in Berlin den EC nach Prag, steigen in den EC nach Žilina (SK) um und fahren von dort noch kurz mit dem Regionalzug. Die günstige 1. Klasse entpuppt sich als Gewinn: Wir haben ein ganzes Abteil für uns und nutzen 12h Fahrt für Materialkunde und Knotenübungen.

Poprad, das slowakische Tor zur Tatra, empfängt uns im abendlichen Winterkleid. Die Stadt ist erstaunlich leer und so auch unser 300-Betten Hotel. Am Morgen schauen wir staunend durch die monumentale Fensterfront der Frühstückshalle den Schneeflocken hinterher, wie sie in der Horizontalen an uns vorbeirauschen. Die Tatrabahn bringt uns nach Stary Smokovec (1000m), von wo aus wir eine Standseilbahn zum Ski- und Erholungsort Hrebienok (1272m) nutzen.

Der Schneesturm hat sich inzwischen etwas beruhigt und wir machen uns schnurstracks und voller Freude über die Winterlandschaft auf den Weg. Nach kurzer Zeit erhebt sich vor uns ein schwarzer Gebirgskamm, der das Große (Velka) vom Kleinen (Mala) studena dolina trennt. Das östliche, kleine Tal mit seinen steilen Flanken und spitzen Gipfeln haben wir uns ausgesucht, um eine Winterbesteigung zu schaffen. Die Téryho Chata (Tery Hütte, 2015m) ist unser Tagesziel.

Auf dem Weg nach oben, tief im Winterwald versteckt, kommen wir an der Zamkovského Chata (Zamka) vorbei. Sie ist gut besucht an diesem Sonntag. Wir genehmigen uns eine kräftigende Suppe. Was noch vor uns liegt, haben wir zwar auf Karten studiert, aber so ein neues Gebiet muss man auch erst einmal mit allen Sinnen begreifen.

Zamkovskeho Chata im Winter
Zamkovskeho Chata im Winterkleid

Schnell lichtet sich der Wald und der Blick wird frei – ach, da war ja was! Der Wind ist zurück und mit ihm der Schnee. Der Weg ist an Schneestangen zwar gut zu erkennen, aber die Moral sinkt mit jedem falschen, metertiefen Tritt in den Schnee. Ein Trailrunner überholt uns Schwerbepackte leichtfüßig; und kommt nach einer halben Stunde auch schon wieder zurück. „Keine Chance“, brüllt er uns vermutlich auf Slowakisch entgegen. Zu unserer Rechten und Linken sollten wir die Hänge sehen.. doch wir sehen sie nicht. Wir realisieren im nun stärker werdenden Sturm, dass es nur eine Option gibt: Rückzug!

Trenažér

Am nächsten Morgen ist die Stimmung nicht rosig, denn wir befinden uns nicht auf 2000 Metern in der Téryho Chata. Der Berg bestimmt nun einmal, was möglich ist. Die Prognose sieht auf allen Kanälen düster aus. So treffen wir die einzig richtige Entscheidung und richten unser Lager in der niedrig gelegenen Zamka ein. Wir wollen das Eisklettern erlernen und andere Übungen durchführen, die ohnehin meist zu kurz kommen.

In kurzer Entfernung zur Hütte befinden sich zwei kleine Wasserfälle. Einen kleinen Aufschwung durch den Wald abseits des Weges bildet sich zuverlässig der „Trainingswasserfall“. Es sind zwei Eisfälle, von denen nur der linke auf tatry.nfo.sk als „Trenažér“, existiert. Das rechte Eis ist kleiner, geht nur zehn Meter über zwei Stufen hinauf und oben hängt um einen mächtigen Baum eine Eisenkette. Als Eisanfänger – die wir waren und sind – haben wir hier wunderbare Möglichkeiten, uns auszuprobieren. So üben wir mehrmals am Eis zu klettern, Eisuhren zu bohren und zu fädeln sowie Stände zu errichten. Die kleine Eiskletterfibel ist dafür sehr hilfreich.

Den Abend verbringen wir in einer ruhigen Zamka. Štefan Zamkovský, Kletterer und Porter der beiden höher gelegenen Téryho und Zbojnicka Hütte, erbaute diese Hütte während des 2. Weltkriegs. In den Fünfziger Jahren wurde er enteignet und die Hütte umbenannt. Erst 1993 erhielt die Familie die Hütte zurück. Sie wird bis heute wie fast alle slowakischen Hütten ausschließlich zu Fuß („nosič“) von Šerpas beliefert. Sie tragen meist 60kg schwere Lasten auf eigentümlichen Holzkonstruktionen. Dass man keine Seilbahnen wie in den Alpen baue, habe rein gar nichts damit zu tun, dass man kein Geld habe, sondern diene der Aufrechterhaltung des Kulturerbes, sagt uns der deutschsprachige Hüttenwirt. Seit 1985 gibt es ein traditionelles Rennen ohne wirkliche Organisation mit dem Hauptziel: Witzig anziehen, schwer schleppen und Spaß dabei haben!

Am nächsten Tag steigern wir uns. Wir gehen zurück zum Trenažér, doch diesmal an das linke Eis. Es ist steil und bis zur rettenden Kette sind es bereits gut 15 Meter. Wir steigen daher zunächst ins linke Eis, queren oben durch sehr unwegsames Gelände voller Tiefschnee und installieren ein Toprope. So probieren wir uns voller Elan an richtigem Steileis aus und erkennen schnell, dass 1. einer von uns keine wirklich eistauglichen Crampons sein Eigen nennt und 2. Eisklettern nicht umsonst Königsdisziplin genannt wird.

Am Nachmittag bekommen wir Besuch von zwei Slowaken. Wir teilen uns den Eisfall und kommen ins Gespräch, das mit einem Nummernaustausch endet. Nachdem wir ihr 30 Jahre altes Einfachseil wieder aus dem Eis gerissen haben, verabreden wir uns dazu, in zwei Tagen gemeinsam etwas zu unternehmen.

Ľadopád Trenažér
Übungen am Ľadopád Trenažér

Malá Studená Dolina

Über Nacht ist wieder Schnee auf die Tatra niedergekommen, sodass die Hüttenwirte ab den frühen Morgenstunden bereits das Dach räumen. Wir wollen erneut Richtung Teryho aufsteigen und aus dem Tal heraus einige Eisfälle mit Fernglas und Karte betrachten. Just als wir in den schwer überschaubaren Bergflanken zwischen all dem Weiß das richtige Weiß erblicken, löst sich eine kleine Lawine und saust hinunter. Ui ui ui.

So nehmen wir uns Übungen zur Lawinenverschüttetensuche vor. Der Schnee ist metertief und ein kleiner Hang bietet geeignete Flächen, um eine Sonde zu suchen. So entwickeln wir eine Menge Spaß daran, einen kleinen Ortliebbeutel mitsamt Sonde immer tiefer und schwieriger für den Partner zu verstecken. Die kleine Größe des Beutels stellt dabei eine besondere Herausforderung dar.

Am Abend zurück in der Hütte staunen wir nicht schlecht: Die Zamka wird richtig voll. Einige Kletterschulen lassen sich nieder. Wir kontaktieren erst einmal unsere slowakischen Freunde und berichten von unseren Beobachtungen. Schnell ist die Entscheidung gefallen, einen großen Eisfall unterhalb der Zamka aufzusuchen, der laut den gebietserfahrenen Slowaken wenig lawinengefährdet ist.

Eisfall in den Gärten / Ľadopád v záhradkách

Der Ľadopád v záhradkách ist ein bis zu 60m hoher Eisfall. Zwar kommt man in nur zehn Minuten von Hrebienok zum Abzweig, aber ab dort bahnt sich der Weg hanebüchen durch ein völlig unwegsames Gelände der Kategorie: „Einmal-nicht-aufgepasst-Bein-gebrochen“. Der kurze Weg kostet uns eine halbe Stunde und mich viel Schweiß: Schaufeln, schaufeln, schaufeln!

Wir stehen nun auf einer Schräge am Wandfuß. Der Eisfall ist mit der Zielschwierigkeit II (von VII) und einer Kletterschwierigkeit 4 (von 8) angegeben. Das bedeutet, objektive Gefahren sind gering, das Eis ist zumeist 70-85° steil, hat 90°-Abschnitte guter Qualität und dauerhafte Absicherungsoptionen.

Souverän steigt unser slowakischer Freund auf ungefähr 40m vor und seilt von hier aus ab. Wie am Trenažér sind Abseilen eingerichtet. Nun dürfen mein Seilpartner und ich uns endlich an herausforderndem Eis ausprobieren. Und Herausforderung ist das richtige Wort: „Nie im Leben würde ich so etwas vorsteigen“, „Oh mein Gott, was ist denn das für ein Scheiß-Eis!“, „Meine Arme sind so aufgepumpt!“, „Oh Gott, mach zu!!“, sind nur einige Ausrufe, die durch das Tal schallen. Wie ihr seht, haben wir eine Menge Spaß.

Ich bin immer wieder erstaunt, wie schnell die Zeit in den Bergen vergeht. Auf dem Rückweg zur Zamka sind mein Seilpartner und ich uns einig, dass wir bereits viel erlebt und gelernt haben. Die Aussichten für morgen sind fantastisch, sodass wir endlich auf die Téryho steigen.

Zurück in der Zamka wird klar, dass es heute rund geht. Gemeinsam mit einigen Freunden des Hüttenwirts schälen wir Knoblauch, schauen Kursteilnehmern dabei zu, wie sie betrunken vom Stuhl kippen und lauschen bis tief in die Nacht den endlosen Berggeschichten eines Kletterlehrers. Na Zdravie!

Na Zdravie!
Ein zünftiges Abschlussessen in der Zamkosvkeho Chata mit neuen Freunden (und sehr viel Knoblauch)

Endlich hinauf!

Die Sonne scheint und der Hüttenwirt begrüßt mich lächelnd mit einem Schnaps. Auch draußen vor der Hütte prostet sich der Kletterkurs bereits munter zu. Wir quälen uns ein Frühstück in den Schlund, ehe wir mit minimalem Gepäck aufsteigen. Dabei staunen wir nicht schlecht über die hohen, dunklen Granitwände mit ihren Schneetaschen und Eisfällen.

Endlich oben angekommen, haben wir nur wenige Minuten zur Orientierung, ehe Wolken die Sicht auf ausgesuchte Routen versperren. Schnell noch ein paar Detailfotos und ab in die Hütte den nassgeschwitzten Rücken trocknen. Ein bisschen wehmütig sitzen wir nun über unserer Suppe und träumen davon, hier oben eine ganze Woche verbringen zu können. Das war bestimmt nicht unser letzter Besuch.

Epilog

Tja, was würde ich jemandem empfehlen, der sich auf Eisklettern in der Hohen Tatra einlässt? Zunächst einmal ist der Reisezeitraum 31.01 – 06.02 (Winterferien) nicht ideal. Sicherlich sind die Bedingungen im März und April etwas besser – aber auch das ist natürlich jedes Jahr verschieden. Da es bereits keine Gletscher mehr gibt, hat man zumindest diesen Risikofaktor ausgeschlossen.

Unterschützen darf man wie eingangs bereits erwähnt nicht die herausfordernde Vorbereitung. Da die wenigsten von euch Leser*innen des Slowakischen und Polnischen mächtig sind, wirkt die Tatra manchmal wie ein Buch mit sieben Siegeln. Es ist nicht so, dass es hier keine Informationen gäbe. Nein, es ist sogar ein herausragend erschlossenes Gebiet mit einer reichen Geschichte. Lasst euch darauf ein, kommt ohne große Erwartungen und öffnet euren Blick für neue Horizonte.

Update 2023

Dolina Bielej vody & Chata pri Zelenom Plese

Ende Januar 2023, genau ein Jahr später, machten mein Seilpartner und ich uns erneut auf den Weg in die Tatra. Dieses Mal geht es in das östlichste Tal – Dolina Bielej Vody und die darin befindliche Chata pri Zelenom Plese. Sie befindet sich in einem engen Kessel, umgeben von mehreren Seitentälern. Von hier aus lassen sich fast ein Dutzend Eisfälle besuchen, die größte Nordwand der Tatra und fast unzählige Bergabenteuer auf prominente Gipfel (Link). Wie gut, dass sich für fast jede Exposition eine Wand finden lässt.

Die Hütte empfanden mein Seilpartner und ich als sehr angenehm. Hier einiges Wissenswertes aus dem Januar 2023: Die Hütte ist viel besucht, daher lohnt sich eine frühe Reservierung. Dafür mussten wir auch nicht zahlen. Jedoch muss bei der Anreise alles im Voraus bezahlt werden und man bekommt bei frühzeitiger Abreise nur 50% der ausstehenden Kosten wieder. Einen Rabatt für DAV-Mitglieder wie in der Zamkovskeho Hütte erhält man hier nicht.

Die Räume reichen von 4 Betten bis 10 Betten. Platz ist für 56 Bergsteiger plus eine Menge Notfallunterkünfte, für die ein Schlafsack benötigt wird. Das Frühstücksbuffet ist sehr ausgiebig und jeder Bergsteiger bekommt am Morgen seine Kanne mit Tee gefüllt. Das Abendessen besteht aus drei Gängen und einem Bier. Vor Ort gibt es auch eine große Sammlung an Topos für Bergtouren.

Prvý ľad pod Svišťovkou

Gemeinsam mit unserem slowakischen Freund Michal ging es an den Prvý ľad pod Svišťovkou. Bei guten Bedingungen und etwas Glück, sollte der Zustieg ca. 90-120 Minuten dauern. Aus dem Tal aufsteigend, fanden wir vom Zustiegsweg zur Hütte drei abgehende Spuren an die Nordwand zu unserer Linken. Wir vermuteten, dass sie zu den drei Eisfällen gehörten und behielten Recht. Da nur einen Tag zuvor im Nachbartal zwei polnische Bergsteiger an einem Eisfall von einer Lawine in den Tod gerissen wurden, waren wir besonders vorsichtig.

Das Eis war angenehm weich, sodass sich die Eisäxte mühelos setzen ließen. Mit Ach und Krach reichte unser 60m-Seil, um einen fest installierten Stand mit Kette und Ring zu erreichen. Die wiederkehrenden Spindrifts in mitten der Eiswand ließen das Adrenalin und die Erfahrungswerte steigen.

Leider überraschte uns in der Nacht dann ein ordentliches Schneegestöber, sodass wir nach nur einem Tag bereits zurück ins Tal mussten. Die Lawinenstufe stieg auf 4, sodass jegliche Bewegung in alpinem Gelände undenkbar wurde.

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