Re-Use Berlin: Pilotprojekt des Berliner Senats

Logo des Projekts Re-Use Berlin; Foto: PEPERONI

In diesem Jahr ging das Pilotprojekt Re-Use Berlin an den Start. Gebrauchsfähige Güter abgeben, selber kaufen und damit neues Leben einhauchen, wirtschaftliche Kreisläufe generieren und Akteure zusammenbringen: Die mögliche Zukunft eines gut umgesetzten Projekts scheint groß. Immer mehr Menschen suchen alternative Einkaufsmöglichkeiten.

Wer kennt es nicht? Die Secondhand-Läden sprechen einen nicht an und einzelne Verkäufer guter Secondhand-Ware sind ewig verstreut. Das nur fünfmal genutzte Schaukelpferd steht auch schon lange im Abstellraum. Es im Internet loszuwerden, hat man in dieser Überflussgesellschaft letztendlich aufgegeben.

Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hat nun mit Wirtschaftspartnern einen Vorstoß begonnen. Im August gestartet, konnten testweise an verschiedenen Orten und über verschiedene Wege gebrauchte Güter abgegeben werden. Diese werden ab dem letzten Novemberwochenende 2018 über drei Wochenenden hinweg verkauft. Zusätzlich findet am letzten Wochenende die Prämierung eines Ideenwettbewerbs statt.

Ich habe nun, kurz vor der heißesten Phase des Piloten, die umsetzende Agentur Peperoni in Berlin-Kreuzberg besucht. Unweit vom Jüdischen Museum betrete ich ein neues, halbfertiges Gebäude ohne Putz. Es ist noch etwas kahl und kalt, doch drinnen ist schon mächtig viel los. Ich treffe Kati und Jan, welche für das Projekt mitverantwortlich sind.

Interview mit Re-Use Berlin

Hallo ihr beiden! Lasst uns doch gleich mal in die Vollen starten: Was ist die Idee von Re-Use Berlin?

Jan: Die Grundidee ist es, die Leute dazu zu motivieren, Gebrauchtwaren nicht zum Müll zu bringen. Sie sollen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden, um diese bei Interesse weiterzunutzen. Gleichzeitig möchten wir dazu motivieren, Gegenstände weiterzuverwenden.

Kati: Die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hat dieses Projekt ins Leben gerufen. Sie mochten testen, ob diese Grundidee, von der Jan gerade sprach, realisierbar ist. Was genau ist hier möglich? Wie sind die Reaktionen der Berliner? Natürlich möchten wir herausfinden, ob diese Idee wachsen kann und welche Wege sowie Mittel dabei geholfen haben, um es weiter zu verbessern.

Auf eurer Seite präsentiert ihr Re-Use Berlin als „Dachmarke“. Was hat es damit auf sich?

Jan: Grob dargestellt ist es das Ziel, möglichst viele Berliner Akteure der Wiederverwendungs-Szene mit einzubinden.

Kati: Wir bieten allen Menschen die Möglichkeit, Ihre gebrauchten Waren an bestimmten Orten abzugeben, oder auch abholen zu lassen. In unserer jetzigen Pilotphase verbinden wir Sozialkaufhäuser, Marktstände, Recyclinghöfe [Anmerkung: die Abgabe-Phase ist derzeit abgeschlossen]. Wir haben auch die Möglichkeit geboten, dass Lastenräder Gebrauchtwaren abholen. Das sind unsere bisherigen Wege und vielleicht kommen nächstes Jahr neue Möglichkeiten hinzu.

Wir hatten leider auch den Fall, dass ein relevanter Anteil aller abgegebenen Gegenstände im Recyclinghof Sperrmüll war. Da müssen wir in der Kommunikation nachbessern. Es geht um gebrauchte Gegenstände, welche man ohne großen Aufwand in der Reparatur oder Reinigung wiederverkaufen kann.

Die BSR hat uns in dieser Projektphase den Recyclinghof in Berlin-Reinickendorf zur Verfügung gestellt. ALBA hat unsere Transportwege gewährleistet und den Transport von den Märkten hin zum Popup-store organisiert. Dort werden derzeit in ebenso von ALBA bereitgestellten Containern unsere Sachen gelagert.

Das Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt und Energie arbeitet parallel an der Auswertung, begleitet uns mit seiner Expertise. Sie analysieren den Prozess und erarbeiten Verbesserungsvorschläge.

Viele Akteure unterstützen Re-Use Berlin dabei, Gegenstände zu sammeln. Wie sieht es mit Akteuren aus, welche euch in der Aufbereitung dieser unterstützen?

Kati: Derzeit sind sie noch nicht integriert. Sie sind aber alle mit dem jetzt noch laufenden Ideenwettbewerb, über welchen wir später noch einmal sprechen, angesprochen.

Wir suchen in diesem Moment einen Partner für einen festen Abgabeort in Berlin. Das Ziel für 2019 wäre es, an einem Ort die Abgabe, Aufbereitung und den Verkauf zu organisieren. Unser derzeitiger Popup-store ist nur eine Hilfslösung.

Re-Use Berlin - Wiederverwendung alter, funktionsfähiger Gegenstände
Re-Use Berlin – Wiederverwendung alter, funktionsfähiger Gegenstände

Springen wir einmal kurz in den August 2018. Ihr habt den Auftrag für eure Agentur gewonnen und seitdem ist sehr viel passiert. Gebt uns doch mal einen kurzen Rückblick.

Kati: Natürlich stand im August bereits das Grundgerüst, dass man mehrere Sammelstellen hat und diese dann am Ende des Jahres in einem Popup-store verkauft. Unsere Aufgabe war es, dieses Projekt zu lenken, zu bewerben, zu organisieren.

Jan: Facebook ist derzeit unser stärkster Kanal mit knapp 3.000 Abonnenten. Natürlich ist es das Ziel, verschiedenste Zielgruppen zu erreichen. Wir wollen das Projekt in die Mitte der Gesellschaft bringen. Deshalb haben wir auch in traditionellen Zeitungen Beilagen hinzugefügt, oder an der teilnehmenden Recyclingstation der BSR Flyer ausgelegt.

Was gibt es für formulierte Ziele von Re-Use Berlin?

Kati: Wir möchten gerne so viele Menschen wie möglich ansprechen und aktivieren. Wir haben bereits das Feedback bekommen, dass das Projekt super angenommen wird. Durchweg haben wir sehr positives Feedback bekommen. Diese Erfahrung nehmen wir nun mit, optimieren einige Abläufen und lassen dies in 2019 einfließen. Im besten Falle findet dies dann berlinweit statt.

„Ich komme hierher um meine Sachen die ich nicht mehr brauche abzugeben, und hoffe, dass sich dafür noch jemand findet, der sie gerne haben möchte und sich darüber freut.“
Teilnehmerin an einem Marktstand

„Also ick finde man muss Gegenstände wiederverwerten, dit wird allet wegjeschmissen. Dit is ja furchtbar.“
Teilnehmerin am Recyclinghof

„Ich löse den Haushalt meiner Mutter auf und habe festgestellt, dass es sehr, sehr schwierig ist, gute gebrauchte Sachen unterzubringen, zu verkaufen oder gar zu verschenken.“
Teilnehmer

Abgeschlossen sind bereits die Marktsammeltage sowie Möglichkeiten, am Recyclinghof Sachen abzugeben. Dafür haben wir jetzt bereits Ergebnisse, aber wir warten natürlich bis ganz am Ende.

Jan: Was wir sehr früh gemerkt haben, sind die unterschiedlichen Motivationen der Teilnehmer. Der Gedanke der Müllvermeidung war im Prenzlauer Berg sehr präsent. In Reinickendorf ging es stärker um den „guten Kerngedanken“: Dinge für andere zur Verfügung zu stellen. Der Umweltaspekt stand hierbei nicht im Vordergrund.

Der Popup-store & Ideenwettbewerb markiert nun das Ende des Pilotprojektes. Wie sieht der Rahmen für diesen Store aus und erklärt doch gerne einmal den Ideenwettbewerb.

Jan: Gerne starte ich mit dem Ideenwettbewerb. Jeder darf seine oder ihre Ideen zur Wiederverwendung einreichen. Diese sollten elektronisch bei uns eingereicht werden, gerne auch mit Fotos. Es kann theoretisch eine Idee aus dem Alltag sein, aber es kann auch ein ganzes Geschäftsmodell sein! Den Ideen sind keine Grenzen gesetzt. Der Preis setzt sich übrigens aus den generierten Erlösen des Popup-stores zusammen. Das heißt die Gelder fließen an die gekürte Zero-Waste-Idee. Ein Kreislauf!

Wann und wie gebt ihr die gewonnene Idee von Re-Use Berlin preis?

Kati: Am 30.11 ist unser Eröffnungstag des Popup-stores im Neuköllner CRCLR-Haus. Dort lagern wir wie schon gesagt unsere gesammelten Sachen. Das Team des Hauses sortiert, sichtet und bereitet die Sachen für den Popup-store vor. Von Freitag bis Sonntag ist der Store dann an drei Wochenenden geöffnet.

Neben dem Verkauf gibt es an allen drei Wochenenden viele Workshops, Informationsstände und Vorträge eben zu den Themen Zero Waste und Reuse. Diese richten sich nicht nur an Erwachsene. Derzeit werden auch Workshops für Kinder rund um das Kochen mit Essensresten beworben. Das Begleitprogramm dazu findet man auf der Webseite. Es sind so unglaublich viele Veranstaltungen!

Am Freitag des letzten der drei Wochenenden, am 14. Dezember um 14 Uhr, wird der Ideenwettbewerb prämiert. Es gibt eine richtige Moderation auf der Bühne, wir haben geladene Gäste und Publikumsverkehr. Die Idee wird vorgestellt, die Gewinner dürfen diese auch noch einmal genauer erläutern.

Neben der Werbetrommel für den Ideenwettbewerb: Möchtet ihr noch etwas loswerden?

Jan: Ja! Gerne möchte ich erneut betonen, dass wir dieses Thema mehr in der Mitte der Gesellschaft platzieren möchten. Das hohe Ziel ist es, ein Gebrauchtwarenkaufhaus aufzuziehen, welches möglichst viele Leute anspricht.

Kati: Natürlich gibt es Secondhand-Läden und auch die entsprechend große, angesprochene Zielgruppe. Diese sind jedoch eben nur ein Teil der Gesellschaft. Wir wollen diejenigen erreichen, die nie auf die Idee kommen würden, in einen Secondhandladen zu gehen. Wir wollen erreichen, dass diese neue Zielgruppe Gebrauchtwaren als ebenso gut empfinden.

Ich freue mich schon richtig auf den ersten Tag, denn wir haben so viele tolle Sachen gesammelt!

Danke euch beiden! Wir sehen uns dann spätestens am 14.12 um 14.00 Uhr im CRCLR-Haus in Neukölln.

Links und Presseschau

Webseite von Re-Use Berlin & Facebook-Seite

The Local: Senate’s ‚Re-Use Berlin‘ campaign part of capital’s drive towards ‚zero waste‘ policy

Berliner Zeitung: Rückkehr der Müllpioniere – Berlin macht Sero-System der DDR zum Vorbild

Abendblatt Berlin: Raus aus der Plastikmüll-Falle

Berliner Morgenpost: Ein zweites Leben für das Keyboard

Berliner Kurier: Ach du liebe Tonne! Die Müllabfuhr kommt mit dem Lastenrad

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