Radfahren in Tschechien: Berge, Bier & Burgen

Eingangsschild zum Lausitzer Gebirge

Bist du auf der Suche nach einer ausgefallenen Idee für eine Radreise? Dann habe ich etwas für dich! Beim Radfahren in Tschechien, östlich der Sächsischen Schweiz, warten so manche Highlights auf dich, entdeckt zu werden:

  • landschaftlich reizende Flüsse wie Neiße und Iser,
  • starke Ritterburgen und fürstliche Schlösser,
  • dunkle Sandsteintürme im Böhmischen Paradies (Český  Ráj),
  • weite Sichten auf eine vulkanartige Landschaft,
  • ein verlassener Flughafen der Roten Armee,
  • selbstverständlich kühles Bier zu tschechischen Knödeln und
  • viele Radkilometer mit einem Lächeln auf dem Gesicht.

Ein langer Radtag endet in Tschechien oft mit dem passenden Kaltgetränk

Radfahren in Tschechien

  • Mountainbikes dominieren
  • Radwege sind nicht gleichzusetzen mit aalglattem Asphalt
  • es gibt ein einheitliches Radwegenetz
  • OpenCycleMap hilft bei der Planung ungemein

Tschechien ist fahrradverrückt, ja, es ist ein Fahrradland. Und als Volkssport wird es auch wirklich sportlich betrieben! Trekkingbikes, Gravelbikes oder ähnliches wirst du hier selten sehen. Mountainbikes dominieren ganz klar die Straßen und Wege und das ist auch kein Wunder in einem Land, welches so sehr vom Mittelgebirge geprägt ist

Ich bin ja den Tschechen (und Slowaken) sehr positiv zugewandt und freue mich daher auch auch, dass Radweg nicht gleich aalglatter Asphalt bedeutet. Nein, es sind auch mal ein Waldweg, ein Pfade oder eine raue Piste. Man gibt sich auch damit zufrieden, Radwege nicht jedes Mal um Hügel und Berge herumzubauen, sondern auch mal drüber hinweg. Ich begrüße das, aber du solltest das vorher auch einfach mal zur Kenntnis nehmen.

Tschechischer Radweg
Unterwegs auf einem Radweg in Tschechien

Zum Radfahren in Tschechien gibt es ein einheitliches Radwegenetz. Kleine gelbe, rechteckige Schilder sind mit bis zu dreistelligen Nummern versehen und weisen auf eine Route hin. Die Anzahl der Stellen einer Zahl gibt die Wichtigkeit an. Eine 4-stellige Radroute ist besonders lokal. Nebenher existieren leider auch noch etwas ältere Schilder mit Buchstaben, die mir und meiner Partnerin jedoch nicht begegnet sind. Darüber hinaus führen die EuroVelo-Routen 4, 7, 9 und 13 durchs Land.

Kommen wir zur Planung selbst, denn es empfiehlt sich zweierlei: Falls du bereits mit Komoot planst, nutze die kostenlose Funktion, dir die OpencycleMap als Layer anzeigen zu lassen. Falls du Komoot nicht nutzt, nutze einfach OpenCycleMap selbst. Somit siehst du auf einen Blick die primären (roten) Radwege sowie die sekundären (blau, lila) auf einen Blick. In der von mir hier vorgestellten Route, folgten wir hauptsächlich den roten Routen. Auf Wikipedia findest du eine gute Übersicht und weitere Erklärungen: Link.

Ausschnitt des dichten tschechischen Radwegenetzes auf OpenCycleMap.org

Radfahren und Übernachten in Tschechien

Was ich an Tschechien noch so liebe, ist die mögliche Spontanität. Zeltplätze, Autokemps, Camping etc. lassen sich das ganze Land über verstreut finden. Im Vergleich zu Deutschland sind diese oft sehr einfach gehalten und somit günstig. Was braucht man denn schon groß?

Anrufen und reservieren war für mich noch nie notwendig, denn ein Zelt und zwei Rädern finden immer irgendwo Platz. Der Anruf wäre vermutlich eh an einer Sprachbarriere gescheitert. Mit einem Kauderwelsch aus Deutsch und Englisch sowie einigen Brocken Tschechisch kommt man vor Ort aber immer weiter.

Ebenso wird man in Tschechiens Dörfern und Städtchen schnell und günstig mit Unterkünften fündig. Auch wenn es archaisch klingt: Man benötigt nicht unbedingt das Internet dafür.

„Autokemp“ in Malá Skála an der Jizera (Iser)

Mögliche Etappen

Die hier vorgeschlagene Route von 260km und 3000 Höhenmetern haben wir in drei Tagen absolviert. Natürlich lässt sich das auch entsprechend ausdehnen und um viele interessante Punkte erweitern. Da die Landschaft stark vom Mittelgebirge geprägt ist, werden sich Höhenmeter aber nie vermeiden lassen. Radfahren in Tschechien halt.

Auf Komoot könnt ihr Tag 1 von Görlitz zur Iser, Tag 2 in der Böhmischen Schweiz und im Geopark Ralsko sowie Tag 3 im Lausitzer Gebirge nachvollziehen. An allen drei Tagen werdet ihr den auf über 1000 Meter thronenden Fernsehturm des Ještěd (Jeschken) Wiedererkennen. Gott Sei Dank ist seine unfassbar mühsame Besteigung mit dem Rad diesmal nicht Teil der Tour – ganz anders war das hier der Fall.

Routenverlauf der Strecke im deutsch-tschechischen Grenzgebiet

Neißeradweg von Görlitz über Zittau bis Liberec

Am Mittellauf der Neiße gelegen und gut mit dem Zug aus Berlin und Dresden erreichbar, bietet die schöne Stadt Görlitz in Niederschlesien einen idealen Einstieg in die Tour gen Süden. Gemeinsam mit seinem polnischen Nachbarn Zgorzelec bildet sie eine interessante Stadt, die für ihre Größe verblüffend viel alternatives Programm anbietet. Die Jugend, Studierenden und jungen Erwachsenen sorgen für eine lebendige Entwicklung – auch außerhalb der Altstadt. Wir kamen auf dem linksalternativen Zeltplatz „Kühlhaus Görlitz“ vor den Toren der Stadt unter. Eine fantastische Anlage, die ich nur empfehlen kann.

Von Görlitz hier aus führt der Neißeradweg durch ein überraschend tiefes Neißetal – es ist eine geradezu grüne Explosion an dichten Bäumen entlang des entspannt dahinfließenden Flusses. Auf halbem Wege nach Zittau lockt das Kloster St. Marienthal zu einen Abstecher – der Radweg führt geradewegs hindurch.

Auch in Zittau solltest du dir zumindest eine kurze Fahrt durch die Altstadt nicht sparen, ehe du zum Dreiländereck weiterfährst. Die Dreiecksgrenze befindet sich auf den cm genau in der Neiße, weshalb es schwer werden wird, genau auf ihm zu stehen. Also reicht ein amüsierter Blick und weiter geht es nach Tschechien hinein.

Von hieran werden die gelben, tschechischen Radsymbole unser Begleiter. Aber nicht nur das ändert sich: Von nun an überqueren wir die Neiße gut und gerne 20 mal, dabei nehmen wir nicht einmal alle Brücken mit. Durch kleine, böhmische Dörfer schlängeln wir uns so den immer kleiner werdenden Fluss hinauf.

Ab Liberec (Reichenberg) mit seinem überaus auffälligem Fernsehturm Ještěd (Jeschken) auf 1000m Höhe wird die Weiterfahrt ein wenig hakelig. Meine Wegeplanung war nicht besonders sinnvoll, wodurch wir bis Jablonec (Gablonz) auf Straßen umherirren. Manchmal hat so etwas doch etwas Gutes: Wir entdecken das Geburtshaus von Ferdinand Porsche!

Der letzte Abschnitt des Tages fordert uns noch einmal heraus, denn wir müssen einen hohen Bergrücken überwinden, ehe wir eine lange Abfahrt ins Tal der Jizera (Iser) genießen können. Die Strampelei ist müßig, die Aussicht grandios und eine lange Abfahrt die gewonnene Belohnung für viele Stunden auf dem Rad. Der Zeltplatz im Örtchen Malá Skala ist gut gefüllt an diesem lauen Frühsommerabend.

An der Iser und im Böhmischen Paradies „Cesky Raj“

Dem malerisch mäandrierenden Flussverlauf der Jizera (Iser) folgend geht es am nächsten Tag Richtung des Böhmischen Paradieses, oder „Český  Ráj“. In den UNESCO-Geopark locken mehrere Ritterburgen, Schlösser wichtiger Adelsgeschlechter und imposante Sandsteinformationen. Wir nehmen uns die Zeit und genießen das elegante Schloss Hrubá Skála, die auf Sandstein thronende Burg Valdštejn und die Festung Kost. Dabei sind wir nicht Einzigen, denn in ganz Tschechien gehört diese Gegend zu den absoluten Highlights. Nichtsdestotrotz kam uns der Andrang eher moderat vor. Tschechisch halt.

Geopark Ralsko

Unsere Tour schlägt nun mehr einen Bogen und wir müssen vom Paradies nach Westen hinunter an die Iser und ihren Flusslauf überqueren. Wir fahren für den Rest des Tages durch den 300km2 großen Geopark Ralsko – das ist ein Drittel der Fläche Berlins. b Wehrmacht, tschechoslowakische oder Rote Armee: Sie alle waren hier und haben ihre Spuren auf dem einstigen Militärgelände ihr Unwesen getrieben. 17 Dörfer mit mehrheitlich deutscher Bevölkerung fielen dem zum Opfer, meist sind nur noch Ruinen zurückgeblieben.

Doch wie so oft in militärischen Sperrgebieten, findet die Natur ihre Erholung in den abgelegenen Gegenden fern der Störung durch Menschen. Umgeben von den so klassischen Kegelbergen meist vulkanischen Ursprungs (nicht unbedingt durch einen Ausbruch), führen einige wenige Radwege durch den ruhigen Wald. Zu guter Letzt finden wir am Flüsschen Ploučnice (Polzen) einen sehr einfachen Zeltplatz für die Nacht.

Lausitzer Gebirge, Zittauer Gebirge

Auch auf der letzten Etappe wird es nochmal steil und anstrengend – aber umso berauschender ist bekanntlich die Abfahrt. Das Lausitzer Gebirge – was, die Lausitz hat ein Gebirge? – liegt größtenteils in Tschechien und ist daher den meisten Deutschen gänzlich unbekannt. Seinen östlichsten Teil, den kennst du bestimmt: Das Zittauer Gebirge (u.a. bewandert in diesem Beitrag). Das auf der Landkarte ein Zipfel des tschechischen Staatsgebiets nach Deutschland hineinragt geht nach meiner Recherche auf Jahrhunderte alte Staatsverträge zwischen Sachsen, Österreich-Ungarn und Böhmen zurück. Zum Glück gibt es ja inzwischen die EU!

Grenzziehung, die der Lausitz politisch ihr Gebirge „raubt“

Nun zieht es uns also das böhmische Randgebirge hinauf. Die Dörfer sind pittoresk, Prager Gelder haben hier ihren Zufluchtsort am Wochenende gefunden. Vermutlich wäre diese Gegend hier inzwischen mausetot, aber das mag nicht jeder gern hören. Wir hingegen begrüßen die einzigartige Landschaft, erfreuen uns an saftigen Wiesen, tiefen Wäldern und steilen Anstiegen (*hust*).

Mit allerletzten, vereinten Kräften erklimmen wir den höchsten Punkt der Tour: Unterhalb der 800m hohen Lausche lockt die Chata Luž auf 650m mit einem letzten böhmischen Mahl. Kaum sind die Knödel verschlungen und die Aussicht genossen, geht es auch schon wieder pfeilschnell und beinahe nur noch bergab bis zum Bahnhof Zittau. Was für eine Tour! Füße hoch und ab nach Hause.

Radfahren in Tschechien kann so schön sein. Ahoj, und bis bald!

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