Nationalpark Hainich – wandern [Update 2020]

ein Licht fällt durch das Dickicht des Nationalparks Hainich

Unscheinbar liegt er da, mitten in Deutschland. Der geographische Mittelpunkt Deutschlands liegt nur wenige Kilometer nordöstlich von ihm. Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht, dass es ihn gibt. Und doch, der Nationalpark Hainich ist mit 75 Quadratkilometern der größte zusammenhängende Laubwald Deutschlands.

Warum ist das so besonders? Der Nationalpark Hainich ist vor allem durch alte Buchenwälder geprägt. Buchenwälder würden heute ohne Einfluss des Menschen (beginnend vor ca. 2.000-3.000 Jahren) Europa zum Großteil dominieren. Ehrlich gesagt ist das für mich kaum vorstellbar, bin ich doch die Stadt und moderne Kulturlandschaften gewöhnt. Die Vorstellung wie ein solche Natur unseren Teil der Welt dominiert, ist eine traumhafte Vorstellung.

Ich zeige dir, was ich dort einen Tag erlebt habe und gehe dann dazu über, einige Informationen zusammenzustellen: Anreise, Übernachtungsorte, Aktivitäten und weitere interessante Links. Dieser Ort eignet sich wie viele andere im Osten Deutschlands für slow travel bzw. bewusstes Reisen. Ebenso schöne Buchenwälder fand ich Ende 2019 übrigens im Nationalpark Jasmund.

Warum solltest du in den Nationalpark Hainich reisen?

Das Verlangen nach einer Auszeit, die Hingabe zu wandern, der Reiz tiefer Wälder, die Lust auf frische Luft und die Sehnsucht nach Ruhe. All das kann dir die Welterberegion Wartburg Hainich bieten. Dafür musst du nicht einmal in den Flieger steigen. Die größte Stadt im Umkreis ist Eisenach mit der berühmten und sehenswerten Wartburg. Gemeinsam mit den umgebenden und wahrlich reizvollen Städten Bad Langensalza sowie Mühlhausen wird eine Region umworben, welche auf kleinem Raum eine sehr hohe Diversität bietet: restaurierte Städte mitsamt ihrer jahrhundertealten Kultur, ein sanftes, hügliges Land und ein prächtiger Wald. Worauf wartest du noch?

Mein Tag im Nationalpark Hainich

Anfahrt, Eisenach und die Fahrt zum Nationalpark Hainich

Frühmorgens um 7.00 Uhr klingelt der Wecker in Weimar. Kurz geschüttelt und trotzdem nicht gerührt. Es hilft nichts, denn um 7.50 Uhr fährt die Regionalbahn 20 etwas über eine Stunde gen Eisenach. Wasser ins Gesicht, Kamera überprüft, den Bäcker überfallen. Auf Tüten wollte die Bäckerin auf Nachbitte partout nicht verzichten. Next time. Ich springe in den Zug und blicke in müde Gesichter vieler Pendler nach Erfurt. Es ist Mittwochmorgen. Zwei Auszubildende aus dem Holzgewerbe unterhalten sich lautstark und ich denke mir: endlich macht mal jemand eine Ausbildung.

Weimarer Bahnhof am frühen Morgen im Herbst
Weimarer Bahnhof am frühen Morgen im Herbst

Die Bäume erstrahlen prächtig am Rande der Felder. Langsam tuckelt und ruckelt die RB20 vorbei an Erfurt und Gotha durch die Thüringer Mitte nach Westen. Je näher ich meinem Ziel komme, desto leerer wird der Zug. Ich drücke inzwischen deutlich den Altersschnitt, denn die zwei Azubis haben uns verlassen. Es ist, als nähere ich mich dem Ende. Von etwas, dass ich nicht kenne und keiner will hin.

Es ist kurz vor 9.00 Uhr als mich eine Horde Grundschüler auf dem Bahnhof Eisenach in Gewahrsam nimmt. In der Bahnhofshalle berichtet eine halbkreisförmiges, durchgefärbtes Glas stolz von 70 Jahren Automobilherstellung. Von seinen 48.000 Einwohner arbeiten bis heute viele in der Automobilbranche. Einen heftigen Einschnitt gab es, als die Treuhand 1991 von heute auf morgen 4.500 Menschen auf die Straße setzte und den Volkseigenen Betrieb Automobilwerk Eisenach schloss. Heute haben sich hier u.a. BMW und Opel angesiedelt.

70 Jahre Eisenacher Automobilbau - gefärbte Fenster im Bahnhof Eisenach
70 Jahre Eisenacher Automobilbau – gefärbte Fenster im Bahnhof Eisenach

Eine Stunde bleibt mir, um den Bus 27a um 9.50 Uhr zu erhaschen. Eisenachs Altstadt ist auffällig gut restauriert und lädt zu ersten Schnappschüssen ein. Einen wundervollen Anblick bietet die Leihbibliothek auf dem Karlsplatz. Es ist Markttag und einige Senioren wuseln vor der Georgenkirche zwischen den Marktständen, zwischen Blumen und Thüringer Wurst hin und her. Viel Zeit bleibt nicht mehr und so muss ich zurück zum Bahnhof. Am Busbahnhofsautomaten löse ich für wenige EUR das Ticket nach Craula.

23 Kilometer im Nationalpark Hainich

Nach einer 40-minütigen Reise durch dichten Herbstnebel wirft mich der Bus am Randes des Nationalparks heraus. Die Sonne dringt durch und der Pullover verschwindet im Rucksack. Zwei gute Kilometer geht es an den Waldrand zum Craulaer Kreuz, wo sich die Einkehrmöglichkeit Hainichbaude befindet. Ich ignoriere sie, denn es ist bereits 11.00 Uhr. Ich gehe auf dem Welterbepfad von hier aus im Uhrzeigersinn. Erst stracks gen Süden am Waldrand entlang, bringt er mich in eine lichte Gegend. Nach nur wenigen Minuten erscheint ein Abzweig zum Wartburgblick. Leider ist die Luft heute besonders diesig und so erblicke ich nur Warnhinweise auf ehemaliges Truppenübungsgelände der Sowjets.

Eingang zum Nationalpark Hainich am Craulaer Kreuz
Eingang zum Nationalpark Hainich am Craulaer Kreuz

Es geht weiter auf dem Welterbepfad hinein in das UNESCO Weltnaturerbe. Sie befindet sich in diesem Abschnitt auf einem Muschelkalkrücken und besteht aus dicht stehenden Buchen und einigem Totholz. Über eine Holztreppe geht es hinunter in den Sperbergsgrund und nach links abbiegend durch einen wahrlich dunklen Urwald mitten im Park. Immer wieder treffe ich auf tote, umgefallene Bäume, in denen bereits wieder das Leben sprießt. Ich treffe auf eine Gabelung und nehme den Weg nach oben führend, gute 150° wendend. Es geht stetig bergauf. Immer mehr Licht strömt auf meinen Weg.

Die Treppe in den Sperbersgrund im Nationalpark Hainich
Die Treppe in den Sperbersgrund im Nationalpark Hainich

Ich treffe abermals auf ein Verzweigung, diesmal einen sehr weitläufigen Weg. Dem Fernwanderweg Rennstieg (auch Teil des Nationalpark-Rundwegs mit dem Rad) nach Nordwest folgend, raste ich. Ich schließe die Augen, lege mich auf die Bank und lausche dem Wald. Leichter Wind bewegt hörbar das dichte Geäst der Kronen. Drei Vögel zwitschern unentwegt im Unterholz, fliegen nur knapp an mir vorbei. Fünfzehn Minuten lang bewege ich mich nicht und spüre innere Ruhe. Waldbaden gilt in Japan als Medizin. Ich verstehe warum.

Etwas später drehe ich wieder nach rechts Richtung Nordosten ab. Eigentlich sollte ich hier einem Weg folgen, welchen ich leider nicht finde. Die abfotografierten Karten auf den Informationsschildern an den Eingängen des Nationalparks sind leider unvollständig (liebe Grüße an das Parkteam). Das bemerke ich recht schnell, doch ist die Lust umzukehren bereits vergangen. 14 Kilometer haben mich meine Füße bereits getragen. So geht es für mich weiter schnurgerade aus. Mittendrin stocke ich: vier Rehe stehen vor mir auf dem Weg. Wir betrachten uns. 5 Minuten lang. Ich bewege mich ganz langsam vorwärts. 30 Meter trennen uns. Äste knacken unter meinen Schuhen, zerbrechen ob meiner Last. Die Rehe rennen ins Unterholz.

Am Ende des Tages

Nach gefühlt einer Ewigkeit gelange ich an eine Kreuzung des Saugrabenwegs und Fernwanderwegs Hainichlandweg. Ein kleines Toilettenhäuschen rettet mich. Ich folge letztgenantem Weg bis nach Weberstedt und steige nach 23 Kilometern und 7 Stunden erschöpft gegen 17.45 Uhr in einen Bus nach Mühlhausen. Dort treffe ich unerwarteter Weise auf eine wunderschöne und beeindruckend große Altstadt. Ein Eis versüßt die schmerzenden Beine. Pünktlich um 18.59 Uhr fährt der Regionalexpress 1 Glauchau – Göttingen im Bahnhof ein und bringt mich sicher zurück nach Weimar.

Was mache ich im Nationalpark Hainich?

Die Region bietet dir wie geschildert alle Möglichkeiten:

  • besuche einen Tag lang die Wartburg und die Stadt Eisenach
  • entdecke Mühlhausen und Bad Langensalza
  • durchquere den Nationalpark zu Fuß (nicht die Größe unterschätzen!), oder auf dem Rad
  • mit oder ohne Kinder können Wildkatzen in Hütscheroda (Bus 150 bringt dich dort hin) beobachtet werden

Wie kommst du dorthin?

Die größte Stadt im Umkreis ist Eisenach mit der bekannten Wartburg. Gemeinsam mit den umgebenden und wirklich  reizvollen Städten Bad Langensalza und Mühlhausen wird die Welterberegion Wartburg Hainich umworben.

  • Die Stadt Eisenach lässt sich bequem mit dem Fernverkehr der Deutschen Bahn aus West und Ost erreichen. Wenn aus Süden und Osten kommend kein Zug durchfährt, darfst du heutzutage im Erfurter Hauptbahnhof umsteigen, welcher zum Kreuz umgebaut wurde. Aus Berlin sind es nur 2 Stunden und 26 Minuten, aus Frankfurt sogar 1 Stunde 48 Minuten. Der Nahverkehr verbindet auch andere Ecken, benötigt aber bedeutend länger.
  • Durch Thüringen zieht sich das Band der A4 und verbindet die Städte Gera, Jena, Weimar, Erfurt, Gotha und Eisenach (von Ost nach West). Der Nationalpark Hainich ist sogar mit seiner südlichsten Grenze nur 500m von einer Abfahrt der A4 entfernt. Also stopf das Auto voll mit deinen Besten – und los gehts! Parkplätze befinden sich rund um den gesamten Park.
  • Wer gerne mit dem Fahrrad reist, dem sei Thüringen so oder so empfohlen. Wer dem Unstrutradweg, oder Unstrut-Werra-Radweg folgt, kommt durch Mühlhausen nah an den Nationalpark Hainich. Dieser ist auch mit dem Rad befahrbar!
  • um den Nationalpark mit dem Öffentlichen Nahverkehr zu erreichen, nutzt du (Stand Januar 2020) den Bus 150 Richtung Bad Langensalza über das Wildkatzendorf, Craula und auch den Baumkronenpfad. Wer den Hainich von West nach Ost durchlaufen möchte, fährt mit der 160 Richtung Mühlhausen (sehr sehenswert!) und steigt in Bischofroda oder Lauterbach aus. Den Liniennetzlan kannst du hier einsehen.

❗Falls dir der Hainich übrigens zu weit ist: auch im Nationalpark Kellerwald-Edersee (Hessen), im Naturschutzgebiet Grumsin (Brandenburg), im Nationalpark Jasmund auf Usedom (Mecklenburg-Vorpommern) sowie im Nationalpark Müritz (Mecklenburg-Vorpommern) genießt du stolze Buchenwälder.

‼️ Wem das aber gar nicht genug weg sein kann: es finden sich im Südosten und Osten Europas weitere bis heute unberührt touristisch nutzbare Buchenwälder. Schau doch mal folgende Karte auf Wikipedia an: Link.

Blick gen Süden am nordöstliche Rand des National Hainich
Blick gen Süden am nordöstliche Rand des National Hainich

Wo schläfst du im Nationalpark Hainich?

Der Nationalpark ist groß und lädt dazu ein, mehr als nur ein paar Stunden in ihm zu verbringen. Du hast mit den besagten Städten Eisenach, Bad Langensalza und Mühlhausen wunderschön restaurierte Städte, welche mit ihren herausgeputzten Altstädten beeindrucken. Du kannst jedoch auch Thüringens größere Städte damit kombinieren! Ich habe in Weimar bei einem Freund übernachtet und bin morgens eine Stunde mit dem der Regionalbahn 20 nach Eisenach gefahren. Kombiniert dich doch durch und schreibe mir bei Bedarf.

Weitere interessante Links für den Hainich

Bei der Recherche zum Nationalpark Hainich stieß ich unter anderem auf folgende wissenschaftliche Publikation, welche ich dem geneigten Leser gerne ans Herz lege. So kommen die Autoren Jürgen Huss und David Butler-Manning zu der Erkenntnis, dass die Buche ohne Einfluss des Menschen andere vorkommende Laubarten wie Esche und Ahorn auf dem kalkhaltigen Böden keine Chance bieten. Es bildet sich ein buchendominierter Wald mit nur wenig Wertholz. Grund hierfür sind vor allem Wildeinfluss und Lücken im Unterstand, wobei nicht festgestellt werden kann, welcher Einfluss am prägendsten ist.

Mein Vorschlag für ein Wochenende im Nationalpark Hainich

Genehmige dir eine Bahnfahrt am Freitagnachmittag in eine der schönen Thrüinger Städte Eisenach, Erfurt, Gotha oder Weimar. Diese sind gut erreichbar und mehr als nur einen Besuch wert! Übernachte am Ort deiner Wahl und genieß den Samstag in vollen Zügen im Nationalpark Hainich. Für die Sportlichen: durchquere ihn zu Fuß, mach eine lange Rundtour auf dem Rad, oder genieße den Waldblick im Baumkronenpfad mit den Kindern. Du wirst müde sein, also genehmige dir noch vor Ort eine kräftige Mahlzeit, oder genieße die Küche in der gewählten Stadt. Dort kannst du noch den Sonntag in vollen Zügen genießen und am späten Nachmittag die Heimreise antreten.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Ecki

    Meine Empfehlungen als Ergänzung in der Nähe:
    1. Paddel-Tour auf der Unstrut (ca. eine knappe Woche)
    2. Die Harzer Wander-nadel
    3. Der Kyffhäuser plus Barbarossa-Höhle

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